Tourwoche

Tag 567 (18.03.2024)

  32 °C

Im Restaurant Daddys Kitchen waren wir bekannt und gern gesehen.

An der Hauptstraße stauten sich Reisebusse vor den vielen Imbissbuden und noch mehr kleinen Ständen für Obst und Gemüse.

Ein Kalb hatte sich anscheinend weich gebettet - direkt am Straßenrand.

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Ein Satz für ein ganzes Menschenleben
Manchmal versucht Nik tiefgründige Gespräche zu führen. Aus diesem Grund hatten wir anfangs auch das Buch „Fragebogen“ von Max Frisch bei. Es ist ein Bestseller mit tiefgründigen Fragen, die teilweise aufeinander aufbauen. Dabei geht es um Themen wie Freundschaft, Liebe und Heimat. Beim Abendessen in unserem Lieblingsrestaurant stellte Nik eine ebenso tiefgehende Frage: Was würdest du einem Baby mit auf den Weg geben, wenn du ihm genau einen Rat geben könnest? Was wäre eure Antwort?

20 Rupies
Wir warteten an der Straße, um eine Rikscha zurück ins Hotel zu bekommen. Mit den Rädern fuhren wir nachts nicht umher. Ein Mann hielt und freute sich. „Know you! 120 Rupies!“ Er hatte uns bereits einmal gefahren. Und es schien, als wenn er sich wegen des Trinkgeldes von 20 Rupien an uns erinnern konnte. Zumindest wiederholte er es immer wieder. Und er wusste noch, wohin wir mussten. 😄
Bereits bei unserer Anreise im Hotel ergab sich eine ungewohnte Situation wegen des Trinkgelds für die jungen Angestellten, die unsere Taschen hinauftrugen. Wir standen alle vor der Rezeption, als Verena ihnen Trinkgeld geben wollte. Sie schreckten regelrecht zurück. Die junge Rezeptionistin sagte ihnen, dass es ok sei. Nik recherchierte. Trinkgeld war gerade in den kleineren Hotels nicht üblich. Dem Beschenkten könnte es peinlich sein. Er könnte sogar Angst vor einem „Gesichtsverlust“ haben. Es sollte immer diskret überreicht oder hinterlassen werden. Upsi! 😳

Tag 568 (19.03.2024)

  32 °C

Blick aus unserem Zimmer auf die Straße. Die Kühe sind fester Bestandteil des Straßenbildes.

Die dicken Pizzaböden waren Standard und uns etwas zu dick. Es gab eine handvoll Spezialpizzen mit dünnem Boden, die wir noch probieren wollten. Die waren schon eher unser Geschmack.

Sieht chaotisch aus, hatte aber System. Eine kleine Fläche, mit der sehr viele Produkte angeboten werden konnten, wenn auch in geringer Anzahl und nicht täglich verfügbar.

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Lust und Frust
Verena war morgens eifrig beim Packen. Für den letzten Rest wartete sie dann allerdings doch noch ab, bis Nik richtig wach und ansprechbar war. Es ging ihm wesentlich besser und wir konnten weiter. Verena hakte noch einmal genauer nach und erinnerte ihn daran, dass wir über den kommenden Abschnitt keine Ahnung hatten. Nach über drei Monaten im Flachland inklusive der letzten 20 fast sportfreien Tage würden wir direkt ins Gebirge fahren. Wir hatten nur spärliche Informationen zur Infrastruktur, Straßenverhältnissen, Verkehrsaufkommen und es war fraglich, ob wir es an einem Tag in die nächste Stadt schaffen oder zelten mussten. Dazu ist es tagsüber um die 30 °C. Noch während sie ihn an all das erinnerte, fielen seine Mundwinkel nach unten. Wir waren beide frustriert. Aber durch den Frust ein höheres Risiko einzugehen, war nicht sehr schlau. Wir hatten eine ordentliche und erschwingliche Unterkunft und kannten uns in der Umgebung aus. Also blieben wir weiter.
Wir unterhielten uns auch über unseren Frust. Er war nicht gut. Aber wir fanden es ja auch nicht gut, ständig festzuhängen und nicht voranzukommen. So dauert die Weltumrundung zu lange. Er hatte überlegt, ob er seinen gesundheitlichen Zustand schöner reden sollte, damit wir endlich weiterfahren konnten. Hatte er aber nicht. Verena kannte diese Überlegungen leider. Einmal hatte sie es unterschätzt und das ging nicht gut aus: Nik musste zusätzlich zu seinem auch noch ihr Rad den Pass hochschieben und der Tag endete frühzeitig in der nächsten Unterkunft. Die Erlebnisse mit der Familie dort wollen wir nicht missen. Es hätte aber auch schiefgehen können, war eine unnötige Belastung und musste nicht (noch mal) sein. Vor allem, wenn wir keinen Druck hatten, sei es wegen der Visa, dem Wetter, der Unterkunft oder sonst was. Es gab allerdings auch etwas Gutes an dem Frust. Wäre uns diese Situation des Festhängens auf Dauer einfach nur egal, und das nach so langer Zeit auf den Rädern, dann wäre uns vielleicht auch dieses Abenteuer egal und wir sollten hinterfragen, ob und wie wir weitermachen wollten. Oder war das jetzt schönreden? 🤔

Tag 569 (20.03.2024)

  28 °C

Die All Saints Cathedral in Prayagraj ...

... im Licht der untergehenden Sonne.

Sie war leider zu dem Zeitpunkt, als wir dort waren, nicht zugänglich.

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Wieder Unwetter
Nik war so weit wieder fit, allerdings gab es für die nächsten Tage erneut eine Unwetterwarnung, einschließlich Gewitter, für die Himalayaregion. Die Regenmenge, wahrscheinlich schlechte Straßenverhältnisse und ebenso wahrscheinlich müssten wir da draußen zelten - alles keine guten Voraussetzungen für eine Weiterfahrt. Hier in Butwal sollte das Wetter die ganzen Tage über angenehm bleiben.
Da unser 30 Tage Visum ausgelaufen wäre, bevor wir Pokhara erreicht hätten, wollten wir am nächsten Tag 20 km mit den Rädern zurückfahren, um es an der Grenze zu Indien zu verlängern. Heute regnete es, also hatten wir keine Lust. Da das Unwetter im Gebirge länger anhalten sollte, entfiel das tägliche und nervenaufreibende Bangen und Überlegen, ob es denn nun weitergeht oder nicht. Und was wir dadurch auch hatten, war die Möglichkeit, einen Imbiss bei uns vor dem Hotel zu testen. Sollte uns das auf den Magen schlagen, hatten wir das Zimmer ja bereits gebucht. 🤭 Denn unsere drei Stammrestaurants wurden langsam doch etwas öde.
Und dann fiel uns noch was ein: das Holi-Festival! In drei Tagen loszufahren, wäre totaler Blödsinn gewesen. Denn das wäre genau der erste von den zwei Holi-Tagen. Zudem schien eine der feierlichen Farbschlachten nicht weit entfernt vom Hotel stattzufinden. Also verlängerten wir unseren Aufenthalt gleich um fünf Tage. Dann wollten wir weiterschauen, wie gut es das Schicksal mit uns und dem Weiterfahren meinte. Uns transportieren zu lassen, war (noch) keine Option. Das wäre gemogelt gewesen.

„Ihr wohnt da oben!“
Manche der fliegenden Händler, die unter unserem Fenster täglich vorbeizogen, hatten ganz eigene Hupen oder Musik oder eine Sprachaufnahme, die sie in Dauerschleife abspielten, um auf sich aufmerksam zu machen. Bei einem sahen wir Ananas und Papaya, also flitzte Verena runter. Sie probierte auch zum ersten Mal Kokoswasser direkt aus der frisch geöffneten Steinfrucht. Das war doch was anderes, als das abgepackte Kokoswasser, dass sie aus Deutschland kannte. Sie sollte am Wagen stehen bleiben, bis die Nuss mit dem Strohhalm leer geschlürft war. Beim Versuch, etwas Smalltalk zu betreiben, erzählte sie, dass sie ihn schon oft gehört hatte. Der Händler grinste über das gesamte Gesicht, zeigte hoch zu unserem Fenster und sagte: „Ja, ihr wohnt da oben!“ Wie bitte? Aber wo er recht hatte … 😆
Das Fruchtfleisch war nur eine dünne, gelartige, milchige Schicht. Probieren ging leider nicht. Es soll viel süßer sein, als die dicke, feste, weiße Schicht einer reifen Kokosnuss. Die haben dann aber wieder weniger Kokoswasser. Auf seinem Wagen hatte er ein paar größere Spalten mit weißem Kokosnussfleisch. Aber das war eben schon angefasst, auch wenn es immerhin unter einem Fliegennetz lag. Damit konnte sie es nicht kaufen und wegnaschen. Es ist das eine, ein neues Restaurant auszuprobieren, in dem sie fließendes Wasser zum Händewaschen haben und die Zutaten (größtenteils) über Feuer gekocht werden. Frische Kokosnussspalten von einem Handkarren bedeuteten, dass der nette Mann ALLES mit seinen Händen anfasste: das Geld, sein Gesicht, seine Kleidung, alles an seinem Karren und dann eben auch die Lebensmittel. Das war eine ganz andere Nummer und könnte richtig schiefgehen. 😔

Tag 570 (21.03.2024)

  27 °C

Frühstück aus Obst mit knusprigem Topping für Verena.

Zwischendurch auch mal mit Haferflocken.

Nik freute sich über Cornflakes, die er trocken wegknusperte - egal zu welcher Tageszeit. Und er lacht, wegen dem "Hilife in Tüten". 🤣

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Wir mussten uns noch um eine Adresse für unser Paket mit Ersatzteilen kümmern. Über die Plattform Warmshowers hatten wir bereits ein paar Leute in Kathmandu angeschrieben. Niks Mutter hatte eine interessante Idee: vielleicht konnten wir die Adresse einer Kirche angeben. Auf jeden Fall mussten wir mehr Leute anschreiben, bis wir uns bei einem Hilfsangebot wirklich sicher waren. Dann konnten wir es kurz vor unserer Ankunft in Kathmandu losschicken lassen. Ein Paket sollte 10 bis 14 Tage von Berlin nach Kathmandu brauchen. Also wurde fleißig in die Tasten gehauen, um weitere Möglichkeiten auszumachen.

Tag 571 (22.03.2024)

  27 °C

Pizzen mit indischer Salami und Gemüse

Biryani, Chicken Wrap und Chowmein

Raman Nudeln mit Gemüse, Hühnchen und Ei

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teure Verlängerung und Suche nach USD
Die Verlängerung des Visums sollte richtig teuer werden. Bei der Einreise gab es die Auswahl zwischen 15 Tagen für 30 US-Dollar (englisch United States Dollar, USD), 30 Tagen für 50 USD und 90 Tagen für 125 USD. Die Verlängerung um 30 Tage kostete 90 USD und um 60 Tage 180 USD. 🫣 Heiliger Strohsack! Kurz auszureisen, um VIELLEICHT billiger wieder einreisen zu können, war leider keine Option. Da waren einfach zu viele offene Fragen. Zudem hatten wir ein noch nicht ganz abgelaufenes Visum, mit dem man mehrfach einreisen konnte. Überziehen und Strafe zahlen (wohl 1 USD pro Tag, ab Tag 31 dann 3 USD) birgt ebenfalls Gefahren, z. B. bei Kontrollen im Landesinneren oder Problemen mit polizeilicher Unterstützung.
Die Anträge auf Verlängerung konnten wir online stellen, also noch in unserem Hotelzimmer. Als der per Mail eintraf, stand da plötzlich, dass man noch am selben Tag bezahlen musste. Wir wollten an einem anderen Tag hin und mussten heute erstmal noch USD besorgen. Davon hatten wir nämlich nicht mehr genug. Bei Google Maps waren eine Menge Wechselstuben markiert. Gefunden hatten wir nur eine. Als die Dame uns den Wechselkurs vorgerechnet hatte, wollten wir bei ihr wechseln. Sie fing an zu lächeln und abzuwinken. Sie hatte keine USD. Hä??? 🤨
Keine Ahnung, in wie vielen Banken und an wie vielen Geldautomaten wir waren. Die Banken wechselten nicht, waren geschlossen oder nicht zu finden. Und die Automaten hatten nur NPR. Unpraktisch! Sehr unpraktisch!
Zurück im Hotel hatten wir Tulsiram, einen der beiden Hotelbesitzer, angeschrieben und um Hilfe gefragt. Er meinte, wir sollten es bei den Banken versuchen. Nach seiner Beschreibung hätten wir nach einer Auszahlung von der Kreditkarte in USD fragen sollen. Wir hatten immer nur gefragt, ob sie NPR in USD wechseln würden. Das ist ein entscheidender Unterschied. Aber das war dann auch egal, denn inzwischen hatten die Banken Wochenende. Ansonsten fielen ihm auch nur die Automaten in der Grenzstadt ein. Bei denen, die Nik bei unserer Einreise ausprobiert hatte, bekam er damals kein Geld. Darauf konnten wir uns also auch nicht verlassen. Und wir wussten nicht, wann dort die Banken aufhatten. Nach dem Abendessen begegneten wir Tulsiram im Hotel und kamen erneut darüber ins Gespräch. Er wollte bei einem Kontakt in einer Bank oder einer Wechselstube in der Grenzstadt nachfragen. Das ging aber erst wieder ab Sonntag. Jetzt, am Freitagnachmittag, hatten sie bereits geschlossen, und samstags, wie auch die Banken hier in Butwal, war Wochenende und alle hatten zu.

Wann ist Holi?
Wir fragten gleich noch nach dem Holi-Festival. Die große Feier auf der Straße, ganz in der Nähe, würde am Montag stattfinden. Wir dachten, das wäre am Sonntag. Aber wir gehören inzwischen zu seiner Familie und er hatte wohl was vor mit uns. Mehr verraten hat er allerdings nicht. Lassen wir uns überraschen! 😊 Er empfahl uns noch die Gondelfahrt inkl. eine Besichtigung der Umgebung der Gondelbahn in den Bergen. Bei einem Preis von über 20 EUR pro Person war uns das allerdings zu teuer. Und wenn es so diesig ist und man nicht weit sehen kann, dann lohnt es erst recht nicht. Angeblich kann man an guten Tagen bis nach Indien sehen. Das Gebiet scheint aber auch größer zu sein, als wir vielleicht ahnten.

Tag 572 (23.03.2024)

  30 °C

Unser Hotel.

Unser Zimmer.

Da hatten ein paar Gäste wohl ordentlich Durst. 😅

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b>4XL und wichtige Scheine
Für das Farbfestival brauchten wir andere Kleidung. Wir wussten nicht, wie gut oder schlecht die Farbe aus unserer Kleidung gewaschen werden konnte. Also brauchten wir T-Shirts. Am besten in Weiß, damit die Farben gut zur Geltung kommen konnten. Shirts mit bunten Aufdrucken zum Thema Holi-Festival gab es inzwischen seit einigen Tagen in den Läden. Im Vergleich zu den Nepalesen waren wir ziemlich groß. Da staunten wir nicht schlecht, als wir die Größen 4XL kaufen mussten. 😳 Noch extra Hosen zu besorgen, hatten wir keine Lust. Das wären unnötige Kosten für unnötigen Müll durch nur einmal getragene Hosen. Es musste anders gehen. Es musste einfach auswaschbar sein. Verena hatte noch genug schwarze Kleidung bei, die sie anziehen wollte.
Während wir weiter durch die kleineren Straßen spazieren gingen, sahen wir eine geöffnete Western Union Wechselstube. Verena versuchte ihr Glück und fragte wieder nach USDs. Sie hatten tatsächlich welche, schienen aber normalerweise nur USD in NPR zu wechseln. Die Chefin wurde gerufen und gab uns einen unschlagbaren Wechselkurs. Yeah! ☺️Jetzt konnten wir die Visumverlängerungen endlich auch bezahlen.

Tag 573 (24.03.2024)

  31 °C

Die Holi-Shirts brauchten wir in 4XL, alles andere war zu klein. 🤭

Farbpulver für das Festival.

Mit dem Farbpulver wurde bereits vorher geübt. Es liefen schon einige Leute mit bunten Gesichtern durch die Straßen. Und das war ganz normal. 🤪

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Brennende Strohpuppe
Es war der Vortag vom Holi-Farbfestival, das jeden Frühling in Indien und Nepal gefeiert wird. An diesem Vorabend wird an einigen Orten wohl eine Puppe aus Dung und Holz oder einfach nur Stroh verbrannt. Sie steht für die Dämonin Holika. Sie wurde von ihrem Bruder und Dämonenkönig Hiranyakashipu beauftragt, dessen Sohn Prahlada zu töten, weil der Prinz nicht ihn, sondern Vishnu anbetete. Der Dämonenkönig selbst war immer wieder dabei gescheitert, weil der Prinz von Vishnu beschützt wurde. Holika war immun gegen Feuer und sollte den Prinzen verbrennen. Vishnu griff wieder ein, sodass der Prinz unverletzt blieb und Holika statt seiner vollständig verbrannte. Mit der brennenden Strohpuppe wird der Sieg des Guten über das Böse gefeiert.

Wir sind alle gleich
Zum Holi-Farbfestival gibt es abweichende Legenden. Eine besagt, dass Krishna (einer der beliebtesten Avatare von Vishnu) seiner Mutter sein Leid über seine blaue Haut klagte. Als Kind wurde er von einer Göttin vergiftet oder verflucht, wodurch sich seine Haut blau färbte. Seine Gefährtin Radha hatte jedoch helle Haut. Er hatte Bedenken, dass sie das entzweien könnte. Seine Mutter soll im Spaß gesagt haben, dass er Radha einfach mit Farbe anmalen sollte, dann wären sie beide wieder gleich. Und es funktionierte.
Das bunte Farbpulver wird als Gulal bezeichnet und soll an diese und ähnliche Erzählungen erinnern. In Indien wird noch immer nach Geschlecht, Alter, gesellschaftlicher Stellung, Kaste und Religion unterschieden und teils extrem diskriminiert, obwohl es Gesetze gibt, die das theoretisch unterbinden sollten. Dafür sitzt die Tradition allerdings (noch) zu tief. Ein Umdenken zum gleichberechtigten Umgang wird mehrere Generationen brauchen. An Holi verschwinden durch die Farben auf der Haut die Unterschiede zwischen den Menschen und es ist der einzige Moment, wo alle zusammen feiern. Angeblich mischt sich die Oberschicht dann auch unter die normalen Bürger. Wenn das auch nur für einen Teil der Oberschicht stimmt, dann wäre das eine schöne Sache.

Tiefere Bedeutungen und Abwandlungen
Bei so vielen Menschen und so vielen unterschiedlichen und sich doch gleichenden Religionen innerhalb des Hinduismus, wird an diesen Feiertagen von Region zu Region anders gefeiert – mal mehr und mal weniger. Innerhalb Indiens hat es verschiedene Namen. In einer regionalen Tradition, dem Lathmar Holi, schlagen die Frauen aus Barsana, dem Geburtsort von Radha, auf die Männer des Nachbardorfes Nandgaon, dem Geburtsort von Krishna, mit Stöcken ein. Sie erinnern an eine Auseinandersetzung zwischen den beiden Gottheiten. Die Männer schützen sich dabei mit kleinen Schilden.
An den Festtagen sollen Streitigkeiten aus der Welt geschafft werden. Es gibt Geschenke, spezielle Gerichte und Süßigkeiten. Zudem werden Rauschmittel verstärkt konsumiert. Bhang hat eine Tradition bei den Hindus und wird aus Teilen der weiblichen Hanfpflanze zubereitet. Je nach Zubereitung kann es geraucht, als Süßigkeit oder Buttergemisch gegessen oder als Cannabismilch getrunken werden. An sich soll Alkohol verpönt sein. Wir sahen überall kleine Läden mit sehr viel Alkohol, die sicher dem Tourismus geschuldet waren. In den Städten führt er wohl zunehmend zu einem Gewaltproblem.
Das Festival der Farben wird bereits in vielen Ländern adaptiert, darunter auch Deutschland. Die Festlichkeiten hier dauern mindestens zwei Tage und können bis zu 16 Tage andauern. Dabei sollte man vorsichtig bei den Farben sein. Ursprünglich wurden die Farben aus Naturmaterialien wie Blumen und Gewürzen hergestellt und hatten teilweise eine positive Wirkung auf die Haut. Neue synthetische Farbpulver aus China sind erschwinglicher und profitabler, bergen allerdings die Gefahr von Vergiftungen und Allergien. Das Pulver wird eingeatmet, kommt in Kontakt mit den Schleimhäuten (Mund, Nase, Augen) und bleibt meist stundenlang auf der Haut mit direkter Sonneneinstrahlung, Schweiß und Wasser. 2012 mussten in Mumbai 200 Menschen wegen Vergiftungserscheinungen ins Krankenhaus. Seitdem bewirbt Indien die nationalen Produkte und pflanzliche Inhaltsstoffe. Jede Farbe hat eigene Bedeutungen. Die Farben werden als trockenes Pulver oder als Brei verwendet. Für Kinder gibt es Wasserpistolen. Neben den Farben spielen Musik und Tanz eine große Rolle. Abends wurden wir von einem Mann angesprochen, der mit seinen Freunden an einem Karren mit großem Lautsprecher vor dem Alkoholladen zu werkeln schien. Sie bereiteten sich auf das morgige Farbfestival vor. Wir waren sowas von gespannt! 😆

Tourwoche