Tourwoche
Tag 553 (04.03.2024)
23 °C
Wer liebt, der schraubt!
Das Hotel hatte eine überdachte und damit schattige Garage. Dort konnten wir entspannt einiges an den Rädern reparieren. Beim Frosch steckte ein fetter Draht im Mantel vom Hinterrad. Beim Floh war an der Gabel das Innengewinde kaputtgegangen und die Schraube musste immer mal wieder kontrolliert werden. Nicht, dass was verrutscht oder wackelt und die Gabel weiter in Mitleidenschaft gezogen würde. Niks Rücklicht ging nicht, weil Verena beim letzten Mal ein Kabel übersehen und nicht wieder ordentlich verbunden hatte. Menno! 😞 Aber besser so, als kaputt. 😁Beim Floh mussten die vorderen Scheibenbremsbeläge getauscht werden. In den Bergen sollten die Bremsen einwandfrei funktionieren. Sie waren allerdings nicht besonders weit abgenutzt. Dafür waren sie glasig, was die Bremswirkung stark einschränkte. Denn an den glasigen Stellen rutscht die Bremsscheibe durch, anstatt durch den Widerstand abgebremst zu werden. Nik nahm sich unser Schmirgelpapier und raute damit die glasige Oberfläche wieder an. Damit konnten wir sie weiter benutzen. 👍 Was fehlt nach einer Arbeit an den Bremsen? Das Zentrieren. Und neue Bremsbeläge müssen eingefahren werden. Also ging es mehrere Male die Seitenstraße ohne Gepäck hoch und runter. Immer wieder anfahren, immer wieder bremsen. Was sich die Leute wohl dabei dachten? 🤭 Als Letztes mussten beim Floh noch die Kabel am Lenkrad neu sortiert werden. Die Kabel der Bremsen waren durch die Demontage der Bremshebel und dem Verdrehen des Lenkers zum Verpacken in die Fahrradkiste so durcheinander geraten, dass ein Kabel beim Einschlagen des Lenkers an den anderen Kabeln zog. Verena lernt noch! 😅
Sportliches Wandern mit Kunst und Aussicht
Mit den Rädern ging es direkt zum Hillpark. Ohne Gepäck fuhren sich die Räder wie immer erst etwas seltsam. Der Hillpark war ein Hügel mit Wanderwegen, Kunstobjekten und Aussichtspunkten. Wir konnten eine Seite des Hügels von der Dachterrasse des Hotels aus sehen. Irgendwo stand, dass es dort 40 Meter hoch gehen sollte. Doch es fühlte sich nach ein paar mehr Höhenmetern an. Während wir schweißtropfend, mit roten Köpfen und Verena schnaufend jede einzelne Stufe bezwangen, joggte der ein oder andere Bürger an uns vorbei, und zwar in beide Richtungen. Andere trugen zwar ebenfalls sportliche Kleidung, waren aber nicht schneller als wir unterwegs, egal ob hoch oder runter. Verrückte Leute! 😉
An einer Stelle saß links vom Weg eine Frau, während von rechts irgendwo Geräusche herkamen. Verena ging dran vorbei und erschrak, als eine Frauenstimme oberhalb ihres Kopfes zu vernehmen war. Kurz gesucht entdeckte sie eine junge Frau an einem dünnen Baumstamm kurz unter der Baumkrone hängend. Sie sägte Äste ab, die die Frau am Boden aus dem Weg zog und bündelte. 😮
Auf dem Hügel angekommen, musste auch Nik mal durchschnaufen. Es gab zwar keinen Ausblick über Butwal, schön war es dort oben zwischen all den Bäumen trotzdem. Für den Rückweg folgten wir einem alten Mann mit einem Stock als Gehhilfe. Er ging einen Trampelpfad hinab. War ganz witzig. Wir mussten nur aufpassen, wo wir hintraten. Es ging steil bergab. Zurück auf dem Hauptweg sahen wir dann die eigentliche Aussichtsplattform aus Metall. 😂 Von ihr aus war ein anderer Teil der Stadt zu sehen. Der Weg ging weiter, zu einem kleinen, alten Friedhof. Eine betonierte Fläche mit Grabsteinen, alles in Weiß. Auf manchen Grabsteinen gab es Skizzen der Verstorbenen. Hinter dem Friedhof führte eine Treppe den Berg hinab. Wir kehrten um und wollten auf den Sonnenuntergang warten, um ihn uns auf der Plattform anzuschauen. Auf dem Platz davor machte einige Männer Übungen wie Hampelmänner, Kniebeugen und Klimmzüge. Durch den hohen Dunst am Horizont gab es keinen schönen Sonnenuntergang. Dafür identifizierten wir etwas anderes neben dem Turm. Dort standen eingezäunt die Überreste einer Zippline. Schade eigentlich! ️🙁
Tag 554 (05.03.2024)
27 °C
Zwangspause
Eigentlich wollten wir heute weiter. Doch Nik bekam ein Verdauungsproblem. So eine Scheiße! 🤬 Damit konnte er nicht Radfahren. Zudem ging es ab jetzt täglich stetig bergauf. Da uns wie immer niemand hetzte und das Zimmer weiter frei war, konnten wir mit trauriger Miene seinen Körper in Ruhe genesen lassen.
Weiterentwicklung unserer Internetpräsenz
Es gab bereits länger die Überlegung, ob und wie wir uns mal auf Instagram ausprobieren könnten. Wir wollten für jede Woche eine Zusammenfassung mit Schlagworten und einer Auswahl an Tagebuchbildern unserer Homepage als Beitrag posten. Das bedeutete aber auch, dass die vergangenen 80 Wochen gesichtet und zusammengefasst werden mussten. Es kam also keine Langeweile auf. 😅 Um mehr Nutzen aus der Arbeit zu ziehen, überlegten wir nun auch noch, wo und wie wir die Zusammenfassungen vielleicht auf unserer Homepage unterbringen wollten. Denn Instagram könnte irgendwann wie myspace und studyVZ abgeschaltet werden. Unsere Homepage bleibt in den Web-Archiven für euch und in den Sicherungen für uns erhalten. Eine Zusammenfassung wäre auch ein weiteres Angebot für Interessierte, die sich dann zwar noch die Fotos anschauen, denen der Tagebuchtext allerdings zu lang ist. Mal schauen, was das wird! Zu unseren Fans gehören geliebte Menschen, die so verrückt sind und wirklich alles lesen, was wir ihnen hier servieren. Ihr seid hiermit herzlichst gegrüßt und fühlt euch geknuddelt! 😘 YouTuber werden wir während der Reise wohl eher nicht! Viel zu viel Arbeit! 😆
Tag 555 (06.03.2024)
25 °C
Arbeitsplatz mit Aussicht
Auf der Dachterrasse richtete Verena sich ihren Arbeitsplatz ein. In der Ferne waren mehrere Gipfel zu sehen. Das war nicht nur nett anzuschauen, sondern half durch das Fokussieren von Dingen in der Ferne zudem, die Augenmuskulatur während der Bildschirmarbeit zu entspannen. Mit der Zeit verschwanden sie jedoch hinter einer Art Nebel. Wir sind nicht hoch genug, als dass es Wolken sein konnten. Die Luftverschmutzung war moderat (Air Quality Index AQI unter 100) und seit Gorakhpur bereits besser geworden. Smog konnte es also auch nicht wirklich sein. Vielleicht war es die hohe Luftfeuchtigkeit. Zum Abend hin wurden die Gipfel ganz langsam wieder sichtbar.
Es war auf jeden Fall lustig und interessant, die ersten Wochen unseres Abenteuers nachzulesen. So viel war passiert, so viel hatten wir schon erlebt.
Mit Nik war es alles andere als lustig. Es ging ihm nicht besser und er musste eine Rehydratationslösung über den Tag verteilt zu sich nehmen. Es graute ihm davor, weil sie damals in Tadschikistan so furchtbar geschmeckt hatten. 😖 Die neuen Salze schmecken zum Glück weniger scheußlich. Immerhin!
Tag 556 (07.03.2024)
26 °C

Bananen vor einem anderen Hoteleingang. Die rotbraunen Blütenhüllen fallen nacheinander ab und legen neue Fruchtstände frei.

Das sind Amla, umgangssprachlich auch indische Stachelbeere genannt. Das Fleisch ist richtig hart und einfach nur sauer. Bis auf eine Ähnlichkeit im Aussehen hat sie mit den weichen und süßen Stachelbeeren aus unserer Heimat nichts gemein.
Selbstmedikation
Da es Nik nicht besser ging, es aber nicht so schlimm war, um einen Arzt kommen zu lassen oder ins Krankenhaus zu gehen, begann er mit einer Selbstmedikation, die ihm in Tadschikistan verschrieben wurde: dreimal täglich Probiotika (lebensfähige Mikroorganismen), einmal täglich Zink und über den Tag verteilt weiter eine Flasche mit Rehydratationslösung. Seit den Stan-Ländern sind die Salze für die Lösung ein fester Bestandteil unserer Medikamententasche. Er hatte alles Monate zuvor problemlos vertragen.
Selbstmedikation ist jedoch kritisch zu betrachten. Wir waren uns bei allen Möglichkeiten (Arzt, Krankenhaus, Selbstmedikation, weiter abwarten) unsicher. Die Entscheidung fiel nun auf die Selbstmedikation mit einer reduzierten Zinkdosierung. Die Ärztin verschrieb ihm damals 200 mg täglich, wir beließen es bei 80 mg. Imodium akut (rezeptfreies Medikament gegen Durchfall, Opioid) hatten wir auch immer bei, aber nur für den Notfall. Die Wirkung auf den Körper war echt nicht ohne. Probiotika und Zink bekam Verena ziemlich einfach. Bei den Probiotika wurde sie darauf hingewiesen, dass sie (in Nepal) verschreibungspflichtig waren. Dann kam allerdings die Frage, ob sie sie trotzdem kaufen möchte. Ein „Ja“ und 100 nepalesische Rupien (100 NPR = 0,69 €) später, verabschiedete sie sich freundlich mit einem Blister Probiotika in der Hand. Und falls er später doch noch einen Arzt aufsuchen müsste, wurde alles dokumentiert. Dadurch ließen sich mit wenig Aufwand fehlerhafte Erinnerungen bei der Angabe der Vormedikation in einer stressigen Situation reduzieren. Vor allem helfen Notizen grundsätzlich, wenn erst Tage später ein Rückschlag kommen sollte und man sich dann immer weniger an die Details erinnert.
Umgang mit Antibiotika
In Usbekistan durften wir ja erleben, dass die Menschen Antibiotika sehr einfach und billig zu kaufen bekommen und wie Traubenzucker einwerfen, wenn sie Magen-Darm-Probleme haben (traf hoffentlich nicht auf alle Usbeken zu). Verena hatte es angesprochen und sie schienen keinen Schimmer davon zu haben, wie Antibiotika im Allgemeinen wirken, welche Nachteile und Risiken Antibiotika mit sich bringen können und was sie für die Weltbevölkerung und die gesundheitliche Zukunft der Natur bedeuteten. Sie hörten interessiert zu. Eine fachliche Aufklärung war es nicht einmal im Ansatz, aber vielleicht ein kleiner Keim zum Hinterfragen, was die Ausländer da eigentlich quatschten und was man da so konsumiert. Immer vorausgesetzt, dass die wissensdurstigen Menschen über unzensiertes Internet und etwas Medienkompetenz verfügen. 😄
Der Umgang mit Antibiotika ist zwischen den Teilen der Welt sehr unterschiedlich. Es mangelt an Aufklärung, Regulierung oder Alternativen, und woanders mangelt es an ihrer überlebensnotwendigen Verfügbarkeit. Ihre billige Produktion führt zu einer Umweltverschmutzung, die sich verheerend auf Natur und Mensch auswirkt. Wenn man den Vorhersagen einiger Forschenden und Aktivisten Glauben schenkt, züchten wir Superbakterien, die uns selbst zum Verhängnis werden. Zynisch gesehen scheinen damit zumindest Jobs in der Pharmaindustrie zukunftssicher zu sein.
Tag 557 (08.03.2024)
27 °C
Es klopfte an der Tür. Die Hotelbesitzer machten sich scheinbar etwas Sorgen um Nik. Wenn was war, dann sollten wir uns bei ihnen melden. Sie würden dann einen Arzt kommen lassen. 😊
Als Verena nach Anbruch der Dunkelheit für den abendlichen Einkauf und das Abendessen loszog, war die Straße gesäumt von kleinen Feuern. Das hatten wir bisher so nicht gesehen. Alle paar Meter flackerten auf beiden Straßenseiten, auf dem Gehweg oder direkt auf der Straße, kleine Feuerschalen. Ihr Nutzen war leider nicht ersichtlich.
Tag 558 (09.03.2024)
26 °C
Weiterhin war keine Besserung bei Nik in Aussicht. Wenigstens wurde es nicht schlimmer. Da bleibt wieder Platz für etwas anderes, was uns in Nepal noch aufgefallen war.
Lunisolarkalender
Auf einigen Quittungen stand ein seltsames Datum. Neben oder anstelle von dem 09.03.2024 stand dort der 25.11.2080. Der Großteil der Welt, so auch Europa, lebt nach dem gregorianischen Kalender, auch christlicher oder bürgerlicher Kalender genannt. Er hat mit der Zeit zahlreiche andere Kalender abgelöst und ist zur Grundlage der weltweiten Datumsdarstellung (nach ISO 8601) geworden. Eine vereinheitliche Zeit- und Datumsangabe vereinfacht international zum Beispiel den Handel, die Flüge bis hin zur Raumfahrt. Bis zu diesem Tage fanden sogar erste Verhandlungen über eine einheitliche Mondzeit statt, da der Mond nach längerem Desinteresse seitens der Raumfahrtunternehmen nun wieder angeflogen und wirtschaftlich genutzt werden sollte. Gewusst? 🧐
Aber zurück zum Kalender. Der offizielle Kalender Nepals wird Vikram Sambat (V.S.) genannt. Er ist ebenfalls in zwölf Monate unterteilt, dem gregorianischen Kalender allerdings über 56 Jahre voraus. Ein weiterer Unterschied ist, dass der V.S. auf den Mondzyklen basiert, die wichtig für religiöse und kulturelle Veranstaltungen im Hinduismus sind. Beim gregorianischen Kalender ist die Basis das Sonnenjahr. Ein Sonnenjahr stellt die Zeit dar, die die Erde benötigt, um die Sonne einmal zu umkreisen. Zudem berücksichtigt der gregorianische Kalender Schaltjahre, um die Jahreslänge genauer abbilden zu können.
Das Wissen um die genaue und noch genauere Zeit
Die vereinheitlichte Zeitangabe heißt koordinierte Weltzeit (Coordinated Universal Time). Ihre Abkürzung UTC irritiert, weil sie für die französische Übersetzung (Temps universel coordonné) steht. Es ist eine weltweit anerkannte Zeitreferenz, die auf der Grundlage von Atomuhren berechnet wird. Sie dient als Standard für die Zeitmessung auf globaler Ebene und wird zur Koordination der Zeitangaben in den verschiedenen Zeitzonen verwendet. Damit ist sicherzustellen, dass die Zeit überall auf der Welt auch wirklich einheitlich ist. Nepal und Indien haben eigene, irreguläre Zeitzonen. In Nepal ist es die Nepal Time (NPT) mit UTC + 5:45 h. Indien hat seine Indian Standard Time (IST) mit UTC+ 5:30 h. 🤨
Hast du schon einmal von der Schaltsekunde gehört? 🤯 Mit ihr wird die UTC an die ungleichmäßige Erdrotation angepasst. Es gibt positive und, zumindest theoretisch, auch negative Schaltsekunden. Der Internationale Erdrotations- und Referenzsystemdienst (IERS) entscheidet über die Notwendigkeit von Schaltsekunden, um die genaue Zeitmessung zu gewährleisten. Wozu ist das nütze? 🤔 Es gibt Forschungsbereiche, die mit unfassbar winzigen Zeitspannen arbeiten, zum Beispiel einer Nanosekunde. Das ist ein Milliardstel einer Sekunde. Und euer Mobiltelefon könnte euch lange nicht so genau anzeigen, wo ihr gerade seid, wenn es nicht soooo genaue Uhren geben würde. 😉 Es wird schon lange zu einem Nachfolger der Atomuhr geforscht, der noch präziser sein wird. Durch die Schaltsekunde wird die Zeit immer genauer, auch wenn es auf unser bürgerliches Leben keinen direkt spürbaren Einfluss hat. Aber Computer hassen sie. 😡 Man könnte vielleicht sagen, sie verschlucken sich an ihr, was bei zu empfindlichen Systemen durchaus verheerende Folgen nach sich ziehen kann. Auch zu diesem Thema fanden bereits erste internationale Verhandlungen statt, wie man Schaltsekunden zukünftig regelmäßig umsetzen könnte. Dann können die Computersysteme darauf programmiert werden und verschlucken sich nicht mehr. 😊
Tag 559 (10.03.2024)
27 °C
Nik ging es ein wenig besser, was auch zu einer deutlich besseren Laune führte. 😊Dafür gab es einen kleinen Unfall in der Familie. Jemand hatte sich mit einem Quad überschlagen, blieb aber bis auf Schürfwunden und Prellungen unverletzt. Daraufhin tauschten wir uns beide zu unseren Unfällen und Verletzungen aus. Und wie viel Spaß wir hatten, kurz bevor es dann schiefging. 😆