Tourwoche
Tag 518 (29.01.2024)
29 °C

Von Bah nach Sarai Ikdil
55,8 Kilometer | |
200 Minuten |
|
120 Höhenmeter |
|
Route als GPX-Datei |
Der Schuh, mit der (wahrscheinlich) Hundekacke an der Sohle, stand über Nacht im Bad, damit sich der Geruch nicht im Schlafzimmer verteilte. Das dumme war nur, dass sich an der Wand, an der die massiven Schuhe standen, so viel Kondenswasser gebildet hatte, dass es hinuntertropfte - unter anderem auch in die Schuhe. Und da es keine leichten und dünnen Turnschuhe, sondern stabilere Wanderschuhe waren, war da nichts mit Trocknen. Es war einfach alles feucht. Als wir gegen zehn Uhr auf den Rädern starteten, war es draußen neblig kalt. Es wurde auch erst spät warm, aber dann auch so richtig, mit 29 °C. ☺️
Zwischen den Ortschaften war es ruhig. Die Bäume beschatteten weiterhin die breite Straße. Keine LKWs, viele Fahrräder und noch mehr Motorräder. Es erinnerte Verena zeitweise von der Atmosphäre her entfernt an den Kronprinzessinenweg in Berlin Wannsee. So schön ruhig es dort auch war, gab es dann aber leider auch nicht unsere gewohnte Infrastruktur für Getränke und Bananen. Die Dörfer waren niedlich und interessant. Sie hatten keine Geschäfte und nicht mal Obststände und fliegende Händler begegneten uns ebenfalls nicht. Nach einigen Stunden gab es an einer kleinen Kreuzung ein paar Stände mit den typischen Frittierbuden und einem Obststand. Juhu! 😄
Die meiste Zeit suchten wir uns bisher für die Pausen schattige Plätze aus. Denn während der Fahrt strahlte die Sonne ungehindert auf unsere Körper hinab. Verenas Schuhe waren weiter feucht und unsere Kleidung verschwitzt, zudem war die Strecke an dem Tag bisher schattig. Da war Sonnetanken und das Trocknen unsere Kleidungsstücke angesagt. Deshalb fragten wir an einem freistehenden Häuschen, ob wir uns auf zwei der rumstehenden Stühle ausruhen dürften, um uns dann in etwas Entfernung, mit ausgezogenen Schuhen, direkt in die Sonne zu setzen. Das war herrlich! Es war ein unbebautes Grundstück. Ein fester Sandweg führte mittig von der Straße weg. Links und rechts vom Weg waren tieferliegende Felder, die durch hüfthohe Erdwälle und den Sandweg abgegrenzt waren. An einigen Stellen von einem der Felder ragten Stöcker aus dem Boden und im Umkreis von zwei Metern war der Boden abgetrampelt. Das waren typische Stellen, an den die Büffel an kurzen Ketten gehalten wurden. Ob in den Vertiefungen Häuser gebaut werden sollten? Oder ob die Felder landwirtschaftlich genutzt würden? Am Ende des Sandweges gab es zumindest ein bereits bestelltes, großes Feld mit ebenfalls hüfthohen, saftig grünen Pflanzen. Dazwischen schritt ein Mann ruhig auf und ab, während er irgendwas im weiten Bogen vor sich großflächig verstreute.
Wir erreichten eine größere Stadt und bogen vom Highway ab, um in die Stadt zu kommen. Dort erhofften wir uns größere Läden. Erdnussbutter und Schoko-Nusscreme konnten wir auf der Liste abhaken. Die Straße wurde schmaler, die Verkehrsteilnehmer wurden mehr, das bedeutete Stau. Wir waren zu weit in die Stadt gefahren, um einfach wieder zurück zum Highway zu fahren. Das wäre ein zu großer Umweg gewesen. Stattdessen standen wir im Stau mit ziemlich vielen Schulbussen. Wir hatten uns ja schon gefragt, wann es mit den anderen Fahrzeugen nicht mehr kontaktlos funktioniert. Die Lenkergriffe von Verena und einem entgegenkommenden Jungen verhakten sich. Durch den Stau hatten beide zum Glück keine Geschwindigkeit drauf. Sie lösten sich mit etwas Geruckel voneinander, ohne dass Schäden entstanden oder im Umfeld jemand ungeduldig wurde.
Wir standen an einem Hotel. Das nächste wäre 20 km weiter gelegen. Das hätten wir an sich geschafft, aber wir wollten den Tag entspannt ausklingen lassen und uns nicht wieder erschöpft mit den nötigsten Aufgaben rumschlagen müssen. So war der Reisetag ok. Wir gingen durch die Marktstraßen und wurden richtig intensiv angestarrt, mehr als sonst. Wir waren in einem Dorf gelandet, in dem ausländische Touristen wohl eher nicht so häufig zu sehen sind. Und erst recht keine Weißen! War das unangenehm für Verena! 🥴 Nik genoss den Spaziergang und die Atmosphäre. Zurück drängte Verena allerdings an der großen Straße entlangzugehen und nicht erneut durch die kleinen Straßen.
Es gab wieder kein warmes Wasser aus der Leitung. Doch wir konnten es bestellen. Wir bekamen einen roten, mit heißem Wasser gefüllten Eimer vor die Tür gestellt. Dazu gab es einen blauen, leeren Eimer für das kalte Wasser aus der Wand. Es gab also eine Eimerdusche mit selbst gemischter Wassertemperatur. Der zweite Eimer mit heißem Wasser dauerte seltsam lange. Verena ging nachfragen. Sie füllten kaltes Wasser ab und hingen mit einem Brett quer über dem Kunststoffeimer einen Tauchsieder ins Wasser. Den kannte Verena noch von früher. Frisch geduscht machten wir uns daran, die Mücken im Zimmer zu erledigen. Das dauerte manchmal über eine Stunde. Dafür konnten wir dann ungestört schlafen, zumindest ungestört von Mücken.
Tag 519 (30.01.2024)
23 °C

Eine der vielen Ziegeleien. Allerdings nicht für Dachziegel, sondern für Ziegelsteine. Auf dem Gelände der Ziegeleien schienen die Arbeiter auch zu leben.

Von Sarai Ikdil nach Rasdhan
75,6 Kilometer | |
239 Minuten |
|
150 Höhenmeter |
|
Route als GPX-Datei |
Als wir aufwachten, war im Raum erneut alles feucht. Das war echt unangenehm. Draußen war es erneut diesig.
Unsere Geschwindigkeit schwankte auf eine merkwürdige Weise. Immerhin wurde es schnell warm. In einem kurzen Augenblick kreuzte sich unser Weg mit dem eines Bienenschwarms. An einer Tankstelle fuhren wir seitlich an den Bordstein, um zu pausieren. Ein Motorrad mit drei jungen Männern wurde neben uns zum Stehen gebracht. Sie hatten uns kurze Zeit vorher auf der Straße neben uns fahrend gebeten, für Fotos anzuhalten. Doch wir waren gerade so gut im Takt beim Radfahren. Und generell kamen wir der Bitte anzuhalten schon länger nicht mehr nach. Sie reichten uns etwas Schokolade und TetraPaks mit Mangonektar. Weil wir nun eh standen und sie nicht aufdringlich waren, hakte Nik nach. Falls sie noch an einem Foto interessiert waren, wäre jetzt die Möglichkeit. Darüber freuten sie sich! 😊
Als sie sich verabschiedeten, sahen wir uns von jeder Menge Radfahrern umzingelt. Kaum waren sie von jemandem von der Tankstelle verscheucht, bildeten ein paar Buben eine Traube um uns. Verrückt! Und leicht nervig! Die machen zwar nichts, die wollen nur gucken. Aber für Leute wie uns, die gerne ihre Ruhe haben, war das irgendwie alles nichts. Naja, gehörte halt dazu. So war das eben in Indien.
Im Gegensatz zum Vortag machten wir diesmal die lange Strecke. Lief ganz gut. Bei der letzten Pause, an einer geschlossenen Tankstelle, kamen vier Männer in Begleitung eines struppigen Hundes ruhigen Schrittes auf uns zu. Sie schauten sich unterhaltend kurz die Räder an, setzten sich dann mit etwas Abstand neben uns auf die kleine Mauer. Sie sagten nichts und schauten nur ab und zu mal rüber. Das war irritierend und angenehm zugleich. 😄
Nach über 70 km war aber wirklich Schluss. Nur war das Hotel verschlossen, niemand zu sehen oder zu hören. Und das nächste Hotel war weiter weg. Sowas Blödes! Ein Passant fragte, ob wir ins Hotel wollten. Als wir das bejahten, rief er jemanden an. Wir sollten warten. Er selbst ging weiter. Ein zweiter Passant kam und rief ebenfalls jemanden an. Hier hatte wohl jeder von jedem die Nummer oder zumindest einen möglichen Kontakt, der vielleicht weiterhelfen konnte. Wobei auf der Hauswand oder den Schildern meist noch eine Telefonnummer notiert war.
Ein dritter Mann kam. Der zückte statt eines Telefons allerdings die Schlüssel zum Hotel. Juhu! 😄 Das Zimmer genügte für eine Nacht. Beim Preis mussten wir allerdings verhandeln. Er wollte doppelt so viel, als online angezeigt wurde.
Wieder war kein Laden für Getränke in der Nähe. Dem zweiten Mann beim Hotel gehörte das Motorrad, das neben der Treppe stand. Er konnte kein Wort Englisch und sollte uns auf Geheiß des Managers was holen. Wieder fragte Verena, ob sie mitfahren durfte. Der Gesichtsausdruck sprach Bände. 😆Entweder war er nur irritiert oder fand das ganze eine schlechte Idee. Aber sie sollte ruhig mitfahren.
Wieder ging es ein Stück zurück. An einem kleinen Geschäft hielten sie an, Verena stieg ab und wurde mit großen Augen angeschaut. Sie zeigte auf alles, was sie haben wollte und wie viel. Aber irgendwas machte sie falsch. Sie nannte nacheinander drei verschiedene Getränke. Die auch nacheinander vor ihr hingestellt wurden. Aber eben nacheinander. Erst stand da das Wasser, dann kam der Softdrink und das Wasser wurde wieder weggeräumt. Wenn sie nach dem Wasser fragte, dann wurde das wieder hingestellt und der Softdrink weggeräumt. Was sollte das? Kaufen die Leute immer nur eine Sache? Sie wollte beides gleichzeitig. Der Motorradfahrer räumte die Sachen in den Beutel. Natürlich war das dritte Getränk nicht mehr auf dem Tresen und schaffte es so auch nicht in den Rucksack. Das wurde weggeräumt, als die anderen beiden Getränke geklärt wurden. Immerhin konnte man ohne Probleme Getränke und Chips gleichzeitig kaufen. Dann machte auch der Fahrer Druck. Er wollte schnell wieder zurück. War ihm wohl zu peinlich mit Verena. 😅
Das Hotel war im ersten Obergeschoss. Eine rutschige Treppe führte seitlich und sichtgeschützt hinauf. Der oberste Absatz war groß genug, um dort mit unserem Campingkocher unsere Instantnudeln zügig zuzubereiten. Da wir den Hotelier nicht mehr fanden und der Untergrund aus einer massiven Steinplatte war, begannen wir einfach dort zu kochen. Als der Hotelier wieder zurückkam, fand er das nicht gut. Wir könnten bestellen, meinte er. Das wollten wir aber nicht. Letztendlich durften wir dann doch dort kochen und hatten ihn und seinen Freund als Zuschauer. Sie stellten einige Fragen zum Multi-Verbrenner. Mit drei wechselbaren Düsen konnten wir Gas, Benzin und Kerosin nutzen. Wir waren mit Gas gestartet und sind in Israel auf Benzin umgestiegen. Dabei sind wir der Einfachheit halber bisher geblieben. Gegessen wurde dann allerdings auf dem Zimmer. Nik hatte die letzten Tage nicht viel gegessen, da taten die Nudeln ganz gut. Abgewaschen wurde VOR dem Bad, zwischen Wand und Bett, weil es im Bad zu eklig war. Verena machte eine Katzenwäsche und Nik tat es ihr gleich.
Tag 520 (31.01.2024)
28 °C

Anscheinend wurde in Indien viel gebaut. Die Schornsteine der Ziegeleien waren auf jeden Fall keine Seltenheit.

Von Rasdhan nach Kanpur
68,9 Kilometer | |
220 Minuten |
|
170 Höhenmeter |
|
Route als GPX-Datei |
Es war trockener und wärmer im Zimmer, als die Tage zuvor. Draußen schwelte weiterhin der morgendliche Nebel. Als Nik seine Fahrradtasche mit den Lebensmitteln zum Verschließen griff, gab es einen kurzen, schrillen Aufschrei. Eine Eidechse kam aus der Tasche gesprungen. Eidechse? Nö, das war ein Gecko. Beide gehören zur Klasse* der Reptilien. Ab dann unterscheiden sie sich allerdings in mehreren Dingen voneinander. Dieser weiß-beige Gecko war mit Schwanz etwas länger als Niks Hand.
Bei unserer letzten Pause an dem Tag saßen wir an einer Serviceroad (langsam befahrene Parallelstraße zum schnellbefahrenen Highway). Ein Polizeiwagen hielt vor uns. Zwei Männer stiegen aus und vertrieben zwei Passanten, die uns weder belästigt noch sonst was getan hatten. Sie saßen nur zufällig in der Nähe. Der Fahrer fragte, ob wir nur eine Pause machten. Ein junger Mann auf seiner Rückbank grinste bis über beide Ohren und winkte uns freudig zu. Dann fuhren sie weiter.
Wir wollten in einer größeren Stadt versuchen, ein besseres Hotel zu bekommen, als die letzten Nächte. Wir hatten zwar die Stadt erreicht und wir fuhren theoretisch bereits minutenlang durch sie hindurch, nur lag unsere Straße etwa im zweiten Obergeschoss und hatte einfach keine Abfahrt. Wie nennt man sowas? Überbrückungsstraße? Es gab mal eine Auffahrt und eine weitere Spur links neben uns. Nur waren wir durch eine viel zu hohe Betonmauer von ihr getrennt. Wir konnten nicht rüber. Und Platz zum Anhalten, Taschen abladen, Räder rüberreichen und dort alles wieder sicher anbringen ging nicht. Das war alles Fahrbahn. Umdrehen war weder möglich noch eine Option. Inzwischen waren wir auch schon an der Straße vorbei, die uns zu einer potenziellen Unterkunft bringen sollte. Nach geschlagenen fünf Kilometern hatten die Straßenplaner ein Erbarmen mit uns und es gab eine Abfahrt. Meine Herren! 🤯
Unten durch die Stadt zurück zum rausgesuchten Hotel wollten wir natürlich auch nicht. Wir fuhren ein kleines Stück, bis sich mehrere Hotels im näheren Umkreis befanden. Im ersten gab es keine freien Zimmer, weil sie wegen einer Zeremonie ausgebucht waren. Das zweite war mit 2000 INR, umgerechnet 22 EUR, echt teuer und das Zimmer war viel zu schäbig für den Preis. Was passierte? Wir waren zu kaputt, um weiterzusuchen. Zudem war nicht gesagt, dass ordentlichere und oder preiswertere Zimmer in der Nähe angeboten würden. Wat solls! 😑
Als wir vom Abendessen wieder kamen, war das Zimmer noch muffiger als vorher, denn jetzt war ja die Tür verschlossen gewesen. Nebenan lag zudem wohl auch noch eine Toilette. Ihr Geruch zog in unser Zimmer. Unsere Badtür ließ sich von außen nicht schließen. Wir nahmen unseren Draht, der mit Kunststoff ummantelt war und für alles Mögliche verwendet werden kann. Den wickelten wir um den Türgriff und formten einen Haken. An die schwerste Fahrradtasche befestigten wir unsere Wäscheleine. Die bekam zwei Meter weiter eine Öse geknotet, die über den Drahthaken kam. Die Tür blieb so geschlossen und war mit dem biegsamen Draht einfach wieder zu öffnen. Der eigene Badgeruch würde uns damit hoffentlich nicht die Nacht verderben können. Und zu guter Letzt war dann auch noch das Bett viel zu kurz für uns. Unsere Füße ragten hinaus. Na gute Nacht! 😖
*hierarchische Klassifizierung der Taxonomie in der biologischen Systematik
Tag 521 (01.02.2024)
28 °C

Wo viel gefahren wird, muss auch viel getankt werden. Die Tankstellen hatten oft auch etwas Schatten für uns. Hier sogar ganz luxoriös mit einer Parkbank.

Von Kanpur nach Mauhar
49,5 Kilometer | |
164 Minuten |
|
110 Höhenmeter |
|
Route als GPX-Datei |
Es wurden nur 50 km. Schon die erste Pause war nach weniger Kilometern als am Vortag notwendig. Es gab wieder Schaulustige, Nummern wurden getauscht, das Übliche halt.
Das Hotel lag diesmal nicht fußläufig zu einer richtigen Ortschaft. Dafür war das Zimmer schön groß und wir hatten einen eigenen kleinen Balkon. Ein winziger Kiosk war um die Ecke, noch im selben Gebäude untergebracht. Als wir vom „Einkauf“ zurückkehrten, wurde uns direkt ein riesiger Eimer mit heißem Wasser vor die Zimmertür gestellt. Es gab nicht einmal kaltes Wasser aus dem Hahn der Dusche. Wir mussten das kalte Wasser aus der Podusche abfüllen, um das dampfende Wasser im Eimer auf die richtige Duschtemperatur gemischt zu bekommen. So gehts natürlich auch! Auch hier wurde es mit einer Heizspirale im Plastikeimer hängend im Flur auf Temperatur gebracht.
Aber das war nichts im Vergleich zur abenteuerlichen Elektrik im Bad. Die Schalter waren nicht mehr an der Wand montiert. Der Schaltereinsatz hing samt Befestigungsschrauben nur noch an den Stromkabeln. Eine fingerbreite Lücke klaffte zwischen Wand und Schaltereinsatz. Die feinen Drähte für die Stromversorgung des Ventilators standen von der Eingangsklemme ab, wie Verenas trockene Haare nach dem Kämmen. Zudem berührten sie teilweise eine der Befestigungsschrauben. Um den Ventilator ein- und auszuschalten war nicht nur wichtig, dass der Kippschalter in der richtigen Position war, sondern dass die Drähte auch die richtige Stelle an der Eingangsklemme auf der Rückseite des Schalters berührten. Das war nicht besonders einfach. Wir wollten ja auch keinen Stromschlag bekommen. Im Halbschlaf einfach ungesehen hingreifen sollte zudem tunlichst vermieden werden.
Im hauseigenen Restaurant trauten wir uns nichts zu essen. Fragen, ob wir die Küche nutzen durften, um unsere Instantnudeln zu kochen, darauf hatten wir keine Lust. Also kochten wir unser eigenes Süppchen auf dem Balkon, in der Hoffnung nicht entdeckt zu werden. Klappte ohne Probleme. 😉
Tag 522 (02.02.2024)
28 °C
Die Radtage lagen uns in den Beinen, also verlängerten wir unseren Aufenthalt um eine weitere Nacht. Nach einem an sich kurzen Spaziergang zeigte sich, dass Nik mehr als nur kaputt war vom Radfahren. Die Hitze und der Sandstaub machten es draußen um so unangenehmer. Irgendwas stimmte wieder nicht. Es war untypisch für ihn, dass er sich sogar nochmal schlafen legte.
Doch der wurde ihm nicht lange gegönnt. Es klopfte kräftig an der Tür. Der vorderste von zwei Männern fragte etwas. Verena verstand nur leider nicht, was er sagte. Da wollte er hinein, wurde von seinem Kollegen allerdings zurückgehalten. Der hatte wohl gemerkt, dass wir gerade unpässlich waren. Durch die Unruhe wurde Nik wach. Der verstand irgendwann, was der Mann immer wiederholte. Sie wollten den Mülleimer leeren. Tja, wir hatten nicht mal einen. In Indien bekommt man alles in unzähligen, dünnen Plastiktüten, die in Deutschland weitestgehend verbannt waren. Wir sammelten sie und benutzten sie wieder, größtenteils als Mülltüte unterwegs und wie hier in den Zimmern und im Bad. Verena drückte dem eifrigen jungen Mann die Tüte in die Hand und konnte die Tür wieder schließen.
Wir wollten meist einfach nur unsere Ruhe. Das Personal möchte verständlicherweise Dinge für ihre Gäste erledigen, um ihre Anstellung zu behalten, Trinkgeld zu verdienen und ihre Kunden zufriedenzustellen. Sicher gibt es Kunden, die sich über zu wenig Service beschweren. Wir waren von der anderen, genügsameren Sorte.
Abends war dann auch klar, dass wir um eine dritte Nacht verlängern mussten. Nik ging es nicht besser. Und mit einer Nacht mehr brauchten wir jetzt dringend Lebensmittel. Im Restaurant trauten wir uns nicht zu essen. Beim vorherigen Spaziergang waren wir auf der Suche nach einem größeren oder mehr Geschäften mit abgepackten Lebensmitteln erfolglos geblieben. Das Personal und der Manager vom Hotel waren sehr bemüht um uns. Einer der Männer hatte ein Motorrad und fuhr mit Verena zurück in die letzte Ortschaft in eine belebte Marktstraße. Mit dem Fahrrad wollte sie nicht alleine dahin fahren. Zudem war es inzwischen duster.
Die Hinfahrt dauerte länger als gedacht. Der Fahrer drehte sich immer wieder um und wollte sich unterhalten. Mit dem indischen Englisch, dem Lärm von der Straße und vom Motorrad, wurde das sehr herausfordernd. Im Dorf half er ihr alles zu finden. Die meisten Motorräder in Indien haben Seitentaschen, die im Fußbereich der Mitfahrer hingen. Zurück war seine Seitentasche am Motorrad so voll, dass Verena die Fußstütze noch gerade so benutzen konnte. Das hätte sonst sicher zu einem ordentlichen Krampf geführt. 😄
Es gab im Gebäude vom Hotel ja noch diesen winzigen Laden. Ein Feuerzeug kostete dort eigentlich 10 INR. Er gab uns nur auf 50 INR zurück - hatte wohl kein Kleingeld mehr. Auf den meisten Flaschen und Verpackungen stand der maximal zugelassene Verkaufpreis drauf. Sie unterschieden sich bis dahin nicht zwischen der Größe der Läden und der Größe der Ortschaften. Die Preise waren überall gleich. Es wurde höchstens billiger oder teurer, wenn die Verkäufer kein Wechselgeld hatten. Meistens bekamen wir dann mehr zurück, nur sehr selten bekamen wir zu wenig zurück.
Obst und Gemüse sind allerdings nicht ausgepreist. Da bekamen wir immer einen höheren Preis genannt als die Einheimischen. Zum Beispiel bei Guaven: Einheimische zahlten in Agra 20 INR/kg (0,22 €). Wir zahlten 40 bis 50 INR. Es gab auch Stände, an denen sie 100 INR und mehr aufriefen. Ob es spezielle Sorten waren, bezweifeln wir. Aber nichts ist ausgeschlossen. Aufgrund des Verhaltens unserer Rikschafahrer, die uns beim Einkauf gerne halfen, wissen wir auch, dass es normal ist, dass Touristen mehr zahlen. Aber 100 INR fanden auch sie übertrieben. Da wurde auch nicht gehandelt, sondern direkt weitergefahren.
Tag 523 (03.02.2024)
25 °C
Wie sollte es anders sein. Jetzt lag Verena lang. Es war so ätzend! 😩 Wenigstens hatten wir alles, was wir brauchten. Nik musste nur einmal runter, um unseren Aufenthalt zu verlängern. Dass sich Gäste in ihr Zimmer zurückziehen ist wohl nicht so normal, denn wir bekamen mehrfach Besuch vom Personal. Immer wieder boten sie uns Tee, Chai und Kaffee an, wollten das Zimmer reinigen und dann wollte Verenas Fahrer vom Vorabend noch ein Selfie mit Nik.
Unser Hotel lag direkt am Highway. Unser Zimmer ging nach hinten raus. Der kleine dazugehörige Balkon lag genau an der Hausecke. So konnten wir ein Stück vom Highway sehen und auf das Nachbargrundstück, das von einer höheren Mauer umgeben war. Dort wurde am Vortag ein riesiges Zelt aufgebaut und meterweise Teppiche auf der sandigen Grasfläche ausgerollt. Im hinteren, für uns nicht sichtbaren Teil, schien eine Art Bühne aufgebaut zu sein. Davor standen Tische mit Sofa. Hinter ihnen wurden mehr und mehr Stuhlreihen aufgestellt. Nach einem sehr lauten Soundcheck wurde geredet und gesungen, begleitet von Livemusik. Zuschauer waren aber nur sehr wenige zu sehen.
Tag 524 (04.02.2024)
25 °C
Nik war zum Glück gerade aufgestanden, da klopfte es erneut an der Tür. Er bekam einen Eimer heißes Wasser gereicht. Es war uns schon aufgefallen, dass hier eher morgens geduscht beziehungsweise sich gewaschen wurde.
Im Zelt auf dem Nachbargrundstück war an diesem Tag richtig was los. Fast alle Stühle waren besetzt. Auf den Sofas vor der Bühne saßen edler und religiöser gekleidete Männer. Als es anfing zu nieseln, waren wir erfreut. Das erste kühle Nass vom Himmel, dass wir in Indien erleben durften. Und es bedeutete weniger Staub in der Luft, vor allem für die Läden und Restaurants direkt an den Straßen. Was ist den Leuten auf den Motorrädern und in den offenen Rikschas wohl lieber? Mit staubiger oder feuchter Kleidung anzukommen? Immer wieder wurde aus dem Nieseln richtiger Regen. Auf der Bühne wurde unablässig weitergemacht, während die Zuschauer zwischendurch unter das feste Vordach am Hauptgebäude flüchten mussten. Es tropfte fleißig durch das Zeltdach. Bahnen einer Plastikfolie waren zu spät und in unzureichender Menge über das Zelt gerollt worden. Wir waren auf jeden Fall gut unterhalten vom Balkon aus. Das Programm wurde eisern durchgezogen, pausenlos und stundenlang.
Die Tage über gab es immer wieder Stromausfälle. Ein oder zwei von ihnen kamen wahrscheinlich von unserem Wasserkocher im Zimmer. Upsi! In der Nacht war dann die gesamte Siedlung für eine längere Zeit stockduster.
Unsere nahrhaften Vorräte gingen zur Neige. Verena wurde hungriger, als ihr lieb war. Wir mussten also unbedingt weiter. 😆