Tourwoche

Tag 511 (22.01.2024)

  14 °C

Der Hund saß da und rührte sich nicht. Wie eine Statue und in Tarnfarbe.

Ein freilaufendes Pferd in der Stadt. Ohrwurm gefällig? Da steht ein Pferd auf dem Flur, ja ja, ... 😆 Zum Glück ist es nicht rot! 😉

Überall waren Ölkerzen und Lichterketten zu sehen, um die Einweihung des Ram-Tempels zu feiern.

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Der Hausherr wollte eigentlich nachts um zwei Uhr los, war aber um sechs Uhr noch immer im Haus zu hören. Nachmittags kehrte er zurück. Erst hatte sein Zug Verspätung. Das sei in Indien normal. Eine Verspätung kann von mehreren Stunden bis zu mehreren Tagen lang sein. Deshalb konnte er sich erst zu sieben Uhr losmachen. Im Zug sitzend bekam er dann eine Nachricht von seiner Frau. Er solle umkehren, da die Hochzeitsgesellschaft dabei war sich vorzeitig aufzulösen, weil die Mutter der Braut ins Krankenhaus gebracht werden musste. ️😞
Auf den Straßen war ordentlich was los. Überall war Musik zu hören und noch mehr Getrommel. Zum Sonnenuntergang säumten Kerzen und bunte Lichter die Häuser und Parks entlang der Wege. Von den vielen kleinen Läden waren viele geschlossen und so gut wie keine fliegenden Händler zu sehen. Auf den Straßen fuhren Kolonnen mit orangen Fahnen, auf denen Lord Ram zu sehen war. Immer wieder war Feuerwerk zu hören. Was war los?
Vor 300 Jahren wurde in Ayodhya, etwa 400 km östlich von Agra, ein Ram-Tempel von Moslems zerstört und eine Moschee erbaut. 1992 wurde diese von radikalen Hindus angegriffen und ebenfalls zerstört. Für die Hindus ist es ein heiliger Ort, an dem der Gott Ram(a) geboren wurde. In der hinduistischen Tradition zählen die religiösen Texte seiner Geschichte, als eine der Inkarnationen der Gottheit Vishnu, mit zu den bedeutendsten. Dementsprechend ist das Thema religiöser Sprengstoff, der auch bis in die Politik reinreichte. Seit 2014 heißt der amtierende Premierminister in Indien Narendra Modi. Er wurde als Hindu-Nationalist kritisiert, weil er die Demokratie Indiens* ethnisch auszurichten scheint, mit einer Tendenz zur Autokratie. Unter seiner politischen Wirkung erfahren Moslems als zweitgrößte Religionsgruppe in Indien empfindliche, staatliche Diskriminierungen, die weiter zunehmen sollten. Das Land, vor allem der Norden, ist unter anderem geprägt von islamischen Herrschaften, unzähligen Konflikten und der britischen Kolonialisierung. Die Einweihung des neuen Ram-Tempels wurde deshalb unter den Hindus national gefeiert, ist international allerdings eher umstritten.

*Indiens junge Demokratie wird gestützt von der Gewaltenteilung in Exekutive, Legislative und Judikative und vom Föderalismus. Dies sei erwähnt, da es Länder gibt, die sich als demokratisch bezeichnen, die Umsetzung ihrer eigenen Interpretation des Wortes Demokratie uns allerdings sauer aufstößt.

Tag 512 (23.01.2024)

  20 °C

Erst wurden die Räder kontrolliert, ...

... während eine Gruppe Affen vorbeizog.

Beim Fotoshooting zu den geschafften 10.000 km trottete das ein oder andere Rind vorüber.

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Der fast tägliche Einkauf führte uns manchmal an einer Straße entlang, bei der an einer Straßenseite selbstgebaute Zelte aufgereiht waren. Auf der anderen Seite waren ein kleines Hygienehaus mit Toiletten und fließendem Wasser und daneben eine Art Müllverarbeitungsplatz. In den einfachen Einzimmer-Zelten hatten sich die Menschen mit Betten, Regalen und Fernsehern eingerichtet. Vor den Zelten standen Tische und traditionelle Betten, auf denen unter anderem Küchengeschirr wie Töpfe auslagen und abends brannte vor so gut wie jedem Eingang ein kleines Feuer, um das sich die Menschen hockten.
Wir hatten unterwegs bereits immer mal wieder solche Zelte und auch Zeltlager gesehen, in den Menschen leben mussten. Was auch auffielen, waren viele, nicht fertig gestellte Wohngebäude. Die hinausragenden Metallgestänge dienten als Wäscheleinen und Strohhalter. Dabei wurden handgebundene Strohbündel von oben auf die Stangen geworfen. Bei Wind würden sie dadurch weniger wegwehen. Neben vielen Überführungen waren die Balkone nur wenige Zementier tief. Sie waren so etwas wie zurückgebaut. Denn sie ragten gerade mal zwei oder drei Fußlängen hinaus, genug Platz, um noch gerade so das offene, gemauerte Regal dort zu benutzen. Ist halt doch ein etwas anderes System: Wenn die Autobahn da gebaut werden soll, wo ein Haus steht, dann zieht der Bewohner den Kürzeren und sein Haus wird einfach ein Stück gekürzt ...
Wir durften mehrere Baustadien dieser vielen Überführungen erleben. Links und rechts von der alten Straße wurden zwei neue Fahrbahnen eingerichtet - gebaut wäre definitiv das falsche Wort an dieser Stelle. Die Überführung kam genau über die alte Fahrstrecke. Die neuen seitlichen Fahrbahnen kamen dadurch den Gebäuden sehr nahe. Verenas Theorie: Damit die riesigen LKW und die Traktoren mit ihren überragenden Ladungen überhaupt vorbei passten, mussten einige Balkone weichen. Nicht selten sah es auch so aus, als wenn ganze Häuserfronten entfernt wurden. Denn, egal ob Balkon oder Häuserfront, die Ziegelwände und -böden endeten ungleichmäßig. Da wurde nichts begradigt und verputzt. Ein einziges Mal sahen wir drei junge Männer auf einem Vordach oder eine Art Terrasse, alle mit schweren Vorschlaghämmern bewaffnet, wie sie auf das Dach einschlugen. Oder verkauften die Menschen in Notlagen sogar die Ziegel aus ihren Behausungen?

Tag 513 (24.01.2024)

  18 °C

Hausmannskost: Roti (Brot), Aloo (Bratkartoffeln), Dal (Linsensuppe), Reis und Karotten.

Jedes Mal zauberte uns Harsha etwas Neues.

Die genauen Namen wissen wir allerdings nicht.

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Unserer Gastgeberin Harsha war zurück. Wir standen in der Küche und erfuhren genaueres, über den Vorfall auf der Hochzeit. Die Brautmutter ließ sich morgens nicht mehr wecken. Im Krankenhaus konnte nur noch ihr Tod festgestellt werden. Und das zwei Stunden vor einer anscheinend entscheidenden Zeremonie bei den indischen Hochzeitsritualen. Die Hochzeit selbst fand wohl schon am Tag vorher statt und abends wurde kräftig gefeiert.
Unser Gastgeber erzählte uns, dass Herzprobleme eine häufige Todesursache sind. Er kennt einige Anzeichen und scheint auf sich zu achten. Doch Freunde und viele indische Mitmenschen können oder wollen sich selbst bei den ersten Symptomen nicht behandeln lassen. Wird schon gut gehen ... Koronare Herzerkrankung (Erkrankung der Herzkranzgefäße) stehen sowohl in Indien als auch in Deutschland und sogar im weltweiten Durchschnitt auf Platz eins der Todesursachen. In Entwicklungsländern sind es eher Krankheiten, die in den Industrieländern verschwunden sind oder medikamentös geheilt werden können. Durch das globale Reisen kommt es zu auftretende Einzelfälle. Das war ein Grund mehr für uns, uns impfen zu lassen. Denn wir wollen uns selbst und unsere Mitmenschen so gut es möglich ist schützen. Vor allem, wenn wir nach Hause zurückkehren, wollen wir niemanden unwissend anstecken, mit einer Krankheit, die wir durch unser privates Abenteuer einschleppen könnten.

Tag 514 (25.01.2024)

  18 °C

Im Heimaturlaub wurde diese Daunendecke unserem Equipment hinzugefügt.

Mit ihren Druckknöpfen konnte die fröstelnde Verena sie in allen möglichen Positionen über sich stülpen.

Und bei Bedarf etwas Abstand von Nik bekommen. 😘

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Egal ob auf dem Land oder in der Stadt, überall hingen die bunten Kleidungsstücke zum Trocknen: auf den Dächern über Leinen und Kabel, auf Leitplanken, in Sträuchern und Bäumen, über Mauern, Zäune, Zelte und lagen direkt ausgebreitet auf den Dächern.

Tag 515 (26.01.2024)

  19 °C

Es gab immer wieder diese kleinen Gassen, in die wir bisher nie reingegangen waren. Manchmal waren, wie hier, ein Schrein, weitere kleine Länden oder Hauszugänge zu erblicken. Einen Schrein gab es an allen möglichen Stellen. Des Öfteren sahen wir einen am Fuße eines Baumes.

Ist das noch ein Schrein oder schon ein kleiner Tempel?

Das hier war eine ganz normale Kreuzung. Durch die Kuppel wurden die Geräusche reflektiert und es wurde unangenehm laut darin. In jeder der vier Ecken stand ein Schrein. Das gesamte Konstrukt wirkte einfach nur merkwürdig.

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Es sollte unser vorletzter Tag in Agra werden, an dem wir uns weiter unseren digitalen Aufgaben widmeten. Den letzten Tag wollten wir mit besonderen Dingen füllen.

Tag 516 (27.01.2024)

  25 °C

Das Baby Taj! Fast schöner als der große Taj Mahal. 🥰

Der Taj Mahal von der anderen Uferseite aus. Und wir dürfen sowas Schönes erleben!

Eine Zuckerwatterikscha! 😄

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Ein Freund fragte Verena wenige Tage zuvor, ob ihre Tage verfliegen. Sie verflogen definitiv NICHT, wenn sie unterwegs war. Erst wenn eine Art Alltag Einzug hielt, so wie in Agra, kam das Gefühl inzwischen auf.
An unserem letzten Tag wollten wir ein paar Postkarten an unsere Familien schicken. Wir wurden zur Post gefahren und gingen hinein. Dort schaute man uns seltsam an. In der ersten Halle war so gut wie nichts los. Wir gingen in Richtung einer weiteren Halle, in der Leute zu hören und zu sehen waren. Noch im Gang zur nächsten Halle kam uns jemand entgegen. Er machte diese zuckartig kreisende Handbewegung, die wir inzwischen als "Ja bitte?" oder "Was willst du?" kannten. Nik erklärte und zeigte ihm unser Anliegen. Wir sollten ihm in die zweite Halle folgen. Doch irgendwas stimmte nicht. Wir betraten eine Halle, in der fleißige Männer an ziemlich alten und wild zusammengestellten Büromöbeln arbeiteten. An einer Stelle stand ein einfacher und auch wieder alt wirkender und komplett ungesicherter Heizstrahler auf dem Boden. Links gab es eine massive Abgrenzung, hinter der sich lautstark und wie immer ungeordnet Männer an den kleinen Fenstern gruppierten. Wir waren also nicht in den Kundeeingang rein, sondern in den Eingang für die Mitarbeiter. Auweia! 😳 So standen wir nun hinter den Mitarbeitern, während die einheimischen Kunden sich vor dem Tresen laut und drängelnd um Gehör und Bearbeitung bemühten. Unsere Postkarten wurden dort direkt und in Ruhe frankiert. Wir waren also zum Glück auch ganz schnell wieder raus da, weil wir uns unbewusst und ungewollt "vorgedrängelt" hatten. 😄
Dann ließen wir uns noch einmal zu dem kleinen, aber wundervollen Tja Mahal Aussichtspunkt fahren. Das erste Mal war schon so lange her, dass unser Fahrer Kamal nicht mehr wusste, dass er uns dort schon mal hingefahren hatte. Wir genossen die letzten zwei Sonnenstunden des Tages. An diesem Tag waren es seit langem mal wieder über 20 °C, was den Tag um so angenehmer machte.
Dabei kamen wir mit einem Pärchen aus Baden-Württemberg ins Gespräch. Nirgends ist man vor ihnen sicher. 😉 Sie hatten sich eine Auszeit von sechs Monaten genommen und in Indien einen Fahrer mit PKW engagiert, der sie für drei Wochen durch das Land fuhr. Die Hälfte ihrer Zeit war bereits um - Bergfest also.
Ein letztes Mal Brownies und Schweineohren gekauft. Ein letztes Mal Abendessen vom Restaurant Nawaab mit Papad, Eierreis, Paranthi, Knoblauchbrot mit Butter und Roomalirolle mit Ei.

Tag 517 (28.01.2024)

  22 °C

Wir mussten definitiv weiter. Da hatte sich schon viel zu viel Staub auf unsere Helme gelegt.

Die beiden kamen uns mehrmals gefährlich nahe.

Was tun, wenn der nächstgelegene Laden zu weit weg ist? Auf einem Motorrad Platz nehmen! 😉

© OpenStreetMap

Von Agra nach Bah

65,8 Kilometer
220 Minuten
130 Höhenmeter
Route als GPX-Datei

Es war bestes Wetter zum Radfahren, sonnige 22 °C. 😊 Nach genau vier Wochen zogen wir also weiter. Zum Abschied gab es für jeden noch ein Stück von der leckeren Schokotorte aus der Bäckerei vom Gastgeber. Yammi! 🤤
Auf dem Highway gab es direkt zwei junge Männer, die uns auf ihren Motorrädern umkreisten. Dabei kamen sie uns immer wieder unangenehm nah und bremsten uns sogar aus. Alles nur, weil sie neugierig auf uns waren. Da war der Stresslevel direkt wieder weit oben, was wir mit gezwungenem Lächeln versuchten zu überdecken.
Wir erreichten einen Abschnitt, an dem der Highway von Bäumen überdacht war. Es war auch etwas weniger Verkehr und längere Abschnitte ohne Häuser. Das war herrlich! An einer Stelle fuhr Verena plötzlich links ran. Hatte sie sich verguckt? Sie waren an einer Schlange vorbeigefahren, die auf einem weißen Sack in einem Tümpel lag. Zur Sicherheit kehrten beide um. Tatsächlich, unsere erste Schlange! Noch bevor ihre Hintern wieder richtig auf dem Sattel platzgenommen hatten, bemerkten sie eine fliegende Fledermaus über ihren Köpfen. Von wegen Fledermaus! Die Bäume hingen voll mit Flughunden. 🤩Einige flogen zwischen den Bäumen umher. Was für ein Anblick! Was für riesige Tiere! Während wir in die Luft starrten und uns staunend freuten, wurden wir selbst vom Straßenrand aus beobachtet. Hihi! 😄
In einer Pause bremste ein Motorrad beim Vorbeifahren auf unserer Höhe, um dann umzudrehen und schließlich bei uns zu parken. Zwei Männer stiegen ab. Es war ein Journalist mit seinem Azubi. Sie stellten einige Fragen und kramten noch ein Mikro aus ihrer Seitentasche. Das wurde allerdings nicht an das Smartphone angeschlossen, mit dem sie uns filmten. Es war wohl nur wichtig, den am Mikro angebrachten Schriftzug des Senders in die Kamera zu halten. Dann sollten wir alle unsere Antworten gebündelt für die Kamera wiederholen. Als alles wieder verstaut war, lud uns der Journalist zu einer Hochzeit ein. Aber die fand nicht in seinem Familienkreis statt, sondern war die Hochzeit eines Verwandten seines Azubis. Und wir hätten dafür ein Stück zurückfahren müssen. Wir wollten nicht durchschwitzt und verstaubt zu einer Hochzeit in die falsche Richtung fahren, zu der wir von einem Nicht-Familienmitglied eingeladen wurden, bei der vielleicht kaum jemand Englisch sprach und wir keine Ahnung hatten, wo wir dann schlafen sollten, auftauchen. Alles zusammen bedankten wir uns also für die Einladung und erklärten, dass wir weiter mussten.
Während sich Verena in der zweiten Pause Exkremente aus der Schuhsohle kratzte, grübelte Nik, wie er weitere Kilometer überstehen sollte. Er hatte zu wenig Schlaf bekommen und schon die letzten Kilometer waren ordentlich anstrengend für ihn gewesen. Als es definitiv nicht mehr ging, fuhren wir ein Hotel an. Wir brauchten etwas Hilfe von einem jüngeren Mann, der nebenan in einer Gruppe saß, weil er als einziger genügend Englisch sprach. Dass es kein heißes Wasser gab, musste egal sein. Dafür konnten wir den Preis dann etwas runterhandeln.
Einen Laden für Getränke oder weitere Lebensmittel gab es fußläufig nicht. Deshalb wurde ein weiterer junger Mann aus der Gruppe beauftragt, sich auf sein Motorrad zu schwingen und für uns einkaufen zu fahren. Verena ergriff ihre Chance und fragte, ob sie stattdessen einfach mitfahren konnte. Es war leichte Verwirrung in seinem Gesicht zu erkennen, aber sie durfte mit - kein Problem. Endlich rauschte sie mal wie viele Einheimische als Sozius auf einem Motorrad über die Straße. Hihi! 🤪 Da der Fahrer einen Kopf kleiner war als sie, hatte sie zudem freie Sicht nach Vorne. Aber sie fiel dadurch auch auf. Nik würde niemals auf einem Motorrad zusteigen. Sie fuhren ein ganzes Stück zurück. Das hätte sie alternativ mit dem Fahrrad auch nicht alleine fahren wollen. Unser Abendessen setzte sich zusammen aus Tortillas mit Erdnussbutter, Chips und Brownies.

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