Tourwoche

Tag 504 (15.01.2024)

  19 °C

Teppiche lagen auch an Ständen oder in Gärten aus. Und immer wieder zogen die leuchtenden Farben der Stoffbänder an Fassaden und Gerüsten unsere Aufmerksamkeit auf sich.

Ein Mini-Riesenrad 😄

Einige Ziegen, Hunde, Kühe und Büffel waren mit Shirts und Jacken bekleidet oder bekamen braune Säcke übergelegt.

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Es gab in Indien alte Tempelanlagen, die frei zugänglich waren und von der Allgemeinheit als Parks zum Spielen und Picknicken genutzt wurden. Die Parks selbst waren eingezäunt, die Gebäude hatten keinerlei Absperrungen. Jeder konnte überall hin und überall rauf. Sie waren nicht so prunkvoll wie die großen Touristenattraktionen, dafür hatten sie ihren eigenen Charme und eine entspanntere Atmosphäre. Laut einer Doku waren solche Orte beliebt bei jungen, unverheirateten Liebespaaren. In der Öffentlichkeit wurde zwar Händchen gehalten und Küsse getauscht, allerdings nicht zwischen Liebenden romantischer Natur, sondern nur unter Freunden und Familienmitgliedern. Zwei Männer, die durch die Straßen gingen und sich an den Händen hielten, waren einfach nur Freunde. Homosexualität ist in Indien zwar legal, aber die Akzeptanz von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften hat noch einen langen Kampf vor sich, vor allem auf dem Land. Es gibt in Indiens Tempeln und Schriften viele alte Zeugnisse homosexueller Handlungen. Der Geschlechtsverkehr ist also anscheinend ok, aber ein Leben zusammen wird je nach Region nur mehr oder weniger akzeptiert.
Das Wort Sex wurde in der Öffentlichkeit nicht ausgesprochen. Einen Guide hatten wir bei dem Thema mal leicht in Bedrängnis gebracht. Er flüsterte uns dann die drei Buchstaben nur zu, nachdem er sich umgeschaut und sich zu uns vorgebeugt hatte. Da dort sicher niemand Deutsch sprach, benutzten wir beide untereinander dann das Wort Geschlechtsverkehr, um unangenehme Situationen zu vermeiden.
Die (arrangierte) Ehe, mit klaren Grundregeln und innerhalb einer Kaste, hat eine jahrhundertelange beziehungsweise jahrtausendelange und dementsprechend tiefe Tradition. Sie wirkt wie eine Art religiöser Geschäftsvertrag. Eigentlich waren Diskriminierungen aufgrund der Kastenzugehörigkeit und die Mitgift bei der Eheschließung gesetzlich untersagt. Wie in jeder großen Gesellschaft wird die Umsetzung solcher und anderer Versuche, eine gleichberechtigtere und offenere Gesellschaft zu formen, so seine Zeit brauchen.
Kommen wir zurück zu den Tempelanlagen. Indien hat unfassbar viele Tempel. Es gibt sehr alte, die die Zeit überstanden haben, es gibt teilweise und komplette Rekonstruktionen und es werden natürlich weiter welche erbaut, meist von erfolgreichen Geschäftsleuten. Und in diesen Tempeln müssen IMMER die Schuhe ausgezogen werden. Ob man Socken trägt oder barfuß herumläuft, ist dann egal. Die Möglichkeit zum Waschen der Hände und natürlich der Füße ist gegeben. Das kannten wir schon aus den arabischen Gegenden. Bei den Tempeln dachte Verena, es hätte einen religiösen Hintergrund oder diene dem Erhalt der Böden. Allerdings scheint es wie in den Moscheen einen praktischeren Hintergrund zu haben. Denn mit dem Schuhwerk würde man viel Sand und in Indien vor allem Dreck vom vielen Müll, vom rotbraunen, ausgespuckten Paan (Kautabak) und Tierkot auf der Straße hineintragen. Das muss echt nicht sein. Deshalb gilt die Hausregel: in Tempeln jeglicher Religion und in privaten Haushalten sind die Schuhe auszuziehen. Wenn man sich unsicher ist, zum Beispiel bei Geschäften, heißt es Fragen oder zumindest Umschauen. Wenn vor dem Eingang keine Schuhe stehen, aber im Geschäft so was wie Kunden erkennbar sind, dann können sie sehr wahrscheinlich anbleiben. Eine ordentliche Sammlung an Schuhen vor einem Eingang spricht für sich selbst. Es empfiehlt sich also immer, ein zweites Paar Socken dabei zu haben, falls man mit seinen Socken innerhalb einer Tempelanlage doch mal irgendwo hineintritt (Vogelkot) und damit nicht in seine Schuhe steigen möchte.
Neben den Schuhen durften sehr oft auch keine Getränke, keine Süßigkeiten und kein Selfiestick mit rein. Bei den Getränken gab es manchmal die Ausnahme, dass Wasser gestattet war. Verena durfte keine Bonbons mit hineinnehmen. Fand sie gut. Weniger Kaugummis und Bonbons als Hinterlassenschaften auf den Böden, an den Wänden und auf den Sitzmöglichkeiten. Und das mit dem Verbot von allem, was als Selfiestick oder Standfuß für Kameras genutzt werden, kannten wir so auch nicht. Hatte die Selbstinszenierung zu krass zugenommen? Hatten zu viele Besucher so einen ausgefahrenen Stick ins Gesicht bekommen, als er vom Fotografierenden für einen Rundumblick rücksichtslos geschwenkt wurde? Gab es zu viele Beschädigungen an den Gebäuden durch das Hinstellen auf und Befestigen an den Steinen? Oder gab es zu viele Diebstähle und Beschädigungen, weil die Kameras unbeobachtet herumstanden und eingesteckt oder umgerannt wurden? Die Kameras selbst waren soweit erlaubt. Nur in den Gebetshallen war das Fotografieren verboten. Aber selbst da sahen wir, dass das einige wenige ignorierten. Und, wie wir erfahren durften, konnte man das Verbot manchmal auch durch eine Spende umgehen.

Tag 505 (16.01.2024)

  14 °C

Das selbstgekochte Abendessen von unserer Gastgeberin war jedes Mal eine Wonne.

Wir holten uns allerdings auch oft was aus den umliegenden Restaurants oder ließen es uns liefern.

Bei einem Bäcker in der Nähe holten wir fast täglich frische Brownies. Eine Packung Schweineohren konnte da schon etwas länger überleben.

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Bei Pausentagen in so einer gemütlichen Unterkunft kommen wir weder ins Schwitzen, noch werden wir dreckig. Nach einem Tag auf den Rädern in Indien hatten wir allerdings Sand, Asche und Kohlestaub auf unserer Kleidung und Haut. Das Waschwasser war dunkelgrau bis bräunlich, so wie unsere Taschentücher nach dem Putzen der Nase. Das war heftig. Darauf wollen wir mit diesem Eintrag mehr eingehen.
Was wir aus Deutschland und Europa nicht kannten, war die Anzeige des AQI (Air Quality Index), also des Luftqualitätsindex, in der Wetter App. Der Luftqualitätsindex ist ein Maß für die Konzentration von Luftschadstoffen in der Umgebungsluft und den damit verbundenen Gesundheitsrisiken und ist nicht einheitlich. Der Index geht eigentlich von 0 bis 500, kann bei Bedarf allerdings auch weit darüber hinaus gehen. Die Werte werden in sechs farbigen Stufen aufgeteilt: grün für „gut“ bei 0 bis 50, gelb für „moderat“ bei 51 bis 100, orange für „ungesund für empfindliche Gruppen“ bei 101 bis 150, rot für „ungesund“ bei 151 bis 200, violett für „äußerst ungesund“ bei 201 bis 300 und kastanienbraun für „gefährlich“ ab 301. In Apps und auf Internetseiten konnten wir Werte bis zu 999 ausmachen. Das ist schade, aber zum Glück super selten.
Für den Index werden bis zu sechs gemessene Luftschadstoffe verrechnet. Neben Kohlenmonoxid, Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und bodennahem Ozon, werden auch PM2,5 und PM10 gemessen. Was soll das denn bitte sein? Es handelt sich um Kategorien des Feinstaubes. PM10 ist Feinstaub mit einem Durchmesser von 10 Mikrometer (µm), also 0,01 Millimeter (mm). Ein menschliches Haar misst im Durchmesser 50 bis 70 µm (0,05 bis 0,07 mm). PM 2,5 hat einen Durchmesser von 2,5 µm. Da es so winzige Partikel sind, verbleiben sie länger in der Luft. Durch die Luftströmungen können sie weite Strecken zurücklegen. Bei den Partikeln handelt es sich unter anderem um Rauch, Staub, Ruß, Salze, Säuren und Metalle. Es gibt auch Partikel, die sich erst in der Luft bilden, nämlich durch chemische Prozesse. Gase auf Kraftfahrzeugen reagieren mit Stoffen in der Atmosphäre, wodurch neue Partikel entstehen können.
Die Luftqualität in Deutschland ist im Vergleich dazu ein Segen. Doch bis dahin war es ein weiter und holpriger Weg. Und wir sind noch lange nicht am Ziel. Mit dem immer tiefer gehenden Wissen und Verständnis über die gesundheitlichen Zusammenhänge mit unserer Umwelt und der unaufhörlichen Verbesserung der Techniken zur Messung, Rückhaltung, Effizienz und weiteren Aspekten werden wir die durch uns erzeugte Luftverschmutzung zwar niemals auf Null senken können, aber wir können sie weiter reduzieren, um auch empfindliche Gruppen zu schützen und noch unbekannte, negative Auswirkungen auch geringer Konzentrationen an Luftschadstoffen zu vermeiden. Und warum auf den bisherigen Lorbeeren ausruhen? Wir lernen von anderen Ländern, sie lernen von uns. Dazu zählen Erfolge und vor allem Misserfolge (die Ursuppe der Forschung und Entwicklung). Denn man lernt mehr aus Misserfolgen und die Hauptsache ist, es anschließend besser oder zumindest anders zu machen. Weiterentwicklungen und Reformen gehören zu einem fortschrittlichen Land. Da wird sich Deutschland in allen erdenklichen Themen hoffentlich nicht abhängen lassen bzw. wieder aufholen.

Tag 506 (17.01.2024)

  16 °C

Indira Priyadarshini Gandhi (1917-1984) war politisch sehr aktiv und wirkte mehrere Jahre als Premierministerin Indiens. Als Legende wurde sie in Indien verehrt und "Eiserne Lady im Sari" genannt. Sie war mit Mahatma Gandhi weder verwandt noch verschwägert.

Indira und Mahatma waren befreundet und kämpften beide für den nationalen und internationalen Frieden. Sie ging täglich ins Büro und dabei über die Akbar Road, um dort Menschen aus allen Ecken Indiens und allen Gesellschaftsschichten zu treffen.

Eines Morgens wurde sie dann, nur wenige Schritte von ihrem Bungalow entfernt, von ihren Leibwächtern erschossen. In ihrer leblosen Hand wurde ein Zettel gefunden, auf dem sie um Vergebung für ihre Leibwächter bat. Der Ort des Geschehens ist hier sichtbar durch eine Glasplatte abgedeckt.

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

An Pausentage wie diesen erkunden wir die Länder zwar nicht vom Rad aus, dafür gehen wir einigen Fragen im Internet nach. Zum Beispiel wollte Verena mehr über die ganzen Kuhfladen wissen, die flach und rund geformt überall am Straßenrand zum Trocknen zu sehen waren. Sie werden in einem ganz bestimmten Muster zu kleinen, eckigen oder zylindrischen Stapeln geschichtet. Die fertigen, etwa 1,5 m hohen Stapel waren stellenweise mit Klecksen von Dung stabilisiert oder vollständig mit Dung verputzt. Bei den sichtbar älteren Stapeln war an einer Stelle unten ein Durchbruch, aus dem die einzelnen Kuhfladen dann entnommen wurden. Sie waren wirklich überall zu sehen. Daneben lagen die neuen Kuhfladen zum Trocknen aus und manchmal sahen wir Frauen und Mädchen, wie sie die Kuhfladen einsammelten, zu großen Haufen zusammentrugen, einen Brei daraus herstellten, ihn mit viel Kraft und teilweise Gewalt formten.
Sie werden (regional) Gobar genannt. Wie viele Rinder es genau in Indien gibt, weiß niemand, aber es könnten um die 300 Millionen sein. Mit den Kuhfladen werden, unter anderem zu religiösen Zwecken, heilige Feuer genährt, Häuser gedämmt, Ziegel hergestellt und Böden trittfest gemacht. Über Amazon werden sie massenhaft verkauft. Da sie kostengünstig sind, können sich auch die meisten Ärmsten welche leisten. Ein Feuer aus Kuhdung spendet nicht nur Wärme, sondern vertreibt auch Mücken und andere Insekten. Und ganz sicher ist es wieder eine Wissenschaft für sich, welche Rinder- oder Büffelart, welches Futter und welche Beimischung bei der Produktion eines Gobar eine bestimmte und qualitativ hochwertige Wirkung erzielt.
Es soll in Indien sogar einen Milchbetrieb geben, der bei der Reduzierung von Kuhpupsen sehr erfolgreich ist. Viele Pupse bedeuten eine hohe Methan-Emission. Diese Reduzierung erfolgt durch eine Reduktion des zusätzlichen Futters, das teilweise durch Hightech wie Hydrokulturen selbst produziert wird. Beim zusätzlichen Futter erzielten sie Erfolge mit Alfalfa (Luzerne, Klee), Ölsamenkuchen, indischen Gewürzen und Makhan, einem örtlichen Gras.

Tag 507 (18.01.2024)

  13 °C

Mohandas Karamchand Gandhi (1869-1948), besser bekannt als Mahatma Gandhi, war ein Anwalt, antikolonialer Nationalist und politischer Ethiker. Er setzte den gewaltlosen Widerstand ein, um Indien erfolgreich auf dem Weg von der britischen Herrschaft in die Unabhängigkeit zu unterstützen.

Er ist weithin bekannt für seine Philosophie des zivilen Ungehorsams (eine spezifische Form des gewaltlosen Widerstandes), die Bürgerrechtsbewegungen auf der ganzen Welt inspiriert hat. Gandhis Prinzipien von Wahrheit, Gewaltlosigkeit und Selbstbeherrschung beeinflussen bis heute politische Bewegungen und Bemühungen um soziale Gerechtigkeit weltweit.

Was er mit Indira Ghandi, neben dem politischen Engagement noch gemein hat, ist sein Ableben. Seine letzten Schritte führten ihn vom Haus in den Garten, wo er einem Attentat zum Opfer fiel. Am Ende seiner hier symbolisierten Fußspuren, mit der stilisierten Sonne als Zeichen für sein leuchtendes Vorbild, ist ein Gedenkstein errichtet.

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Unser Homestay lag in einer gehobeneren Gegend. Gegenüber wohnte sogar ein ranghoher Polizeibeamter (police assistant). Deshalb stand da ab und zu ein Polizeiwagen vor. Die Straße zum Wohnhaus hatte am nächstgelegenen Eingang ein Tor und Wachpersonal. Wenn man die Straße in die andere Richtung ging, gab es sowas nicht. Die großen, lauten Straßen waren weit genug weg. Der Lärm der kleineren Straßen war erträglich.
Es ist das Haus eines Ehepaares mit zwei erwachsenen Kindern. Nach ihrer Hochzeit vor 26 Jahren ist die Ehefrau von ihrem Heimatort Varanasi zu ihrem Mann nach Agra gezogen. Das ist hier Brauch. Die Tochter arbeitet in Delhi und der Sohn studiert weiter weg. Sie waren nur über die Feiertage zu Hause.
Wir waren bereits seit mehr als zwei Wochen ihre Gäste und verlängerten immer nur um wenige Tage. Doch nun waren sie auf eine Hochzeit eingeladen und würden zwei Tage verreist sein. Anscheinend waren wir vertrauenswürdig genug, um uns alleine zu lassen. Wow! Wir hatten die Kontaktdaten voneinander, die benachbarte Freundin wusste Bescheid und ein Angestellter würde täglich kommen, um sich um das Nötigste wie das Auffüllen des Wassertanks und unseren Check-out zu kümmern.

Tag 508 (19.01.2024)

  12 °C

Diese Fahrradrikschas sahen aus, als wenn sie schon sehr lange nicht mehr bewegt wurden. Aber bei der Menge an Staub und Dreck, die dort täglich durch die Straßen schwebte, könnten sie auch erst wenige Tage dort gestanden haben.

Immer wieder fielen die kleinen Ecken auf, in denen Autorikschas repariert wurden.

Mit den Fahrradrikschas für Waren wurde fast alles transportiert. Alles bis auf Tiere wie es schien.

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Harsha, unsere Gastgeberin, blieb doch noch eine Nacht länger als geplant. Sie zauberte in ihrer Küche Paratha, ein ungesäuertes Fladenbrot, gefüllt mit geriebenem Rettich. Wir durften probieren. Klar, war lecker! Es wird auch Parantha genannt und bedeutet übersetzt "Schichten aus gebackenem Teig".
Da noch Platz ist, halten wir unsere Eindrücke zu den indischen Unterkünften fest. Wir nächtigten nicht in den typischen Hotels von westlichen Pauschalreisenden. Hostels mieden wir, weil wir Privatzimmer den Mehrbettzimmern vorzogen. Die Privatzimmer waren zwar nicht immer abschließbar, aber es war uns immer noch lieber, als all unsere Sachen in Gemeinschaftsräumen alleine zu lassen, wenn wir einkaufen und zum Abendessen gingen.
Die Zimmer waren oft muffig. An den Wänden waren meist gelbbraune Flecken vom Paan (Kautabak, der in Indien weit verbreitet ist und überall hingespuckt wird), Schimmel und die Farbe blätterte ab. Die Elektronik war mit Vorsicht zu genießen. Das Bettzeug müffelte ebenfalls, dazu war sie fleckig und die Bezüge löchrig. Vielleicht legten sich die Leute mit ihrer Kleidung schlafen, duschten immer erst am nächsten Morgen und zogen sich dann frische Kleidung an. Wenn wir Leute duschen oder sich an den öffentlichen Brunnen waschen sahen, dann eher vormittags.
Auffällig waren auf jeden Fall die Zimmerdecken. Viele waren in Handarbeit mit Stuck verziert und bunt ausgemalt. Ab und zu gab es auch Deckensegel (abgehangene Decken) mit indirekter Beleuchtung. In Indien war sehr viel bunt beleuchtet. Dazu zählten unter anderem die Tempel, alles an Fahrzeugen, Wohngebäude, Bäume und die vielen kleinen Stände, manchmal auch die Zimmer.
Abhängig vom Geruch und dem Schimmelbefall im Zimmer und im Bad, ob wir nur kaltes oder auch warmes Wasser hatten, ob das Wasser zudem aus einer Duschbrause über unseren Köpfen rieselte oder Eimer und Schöpfbecher wenigstens sauber genug waren, und weiteren Begebenheiten, wurde entschieden, ob wir duschen gingen oder nicht. Manchmal hatten wir einfach das Gefühl, dass wir dreckiger rauskommen würden, als wir reingegangen wären. Wir konnten, beziehungsweise wollten, bisher nicht Wildzelten und die Zimmer waren für uns oft einfach nur eklig. Gut, wir waren vom Radfahren auch eklig. Es blieb uns eh nichts anderes übrig.
Was alle Unterkünfte eint, war die Freundlichkeit der Mitarbeiter und deren Hilfsbereitschaft. Auch wenn sie größtenteils kein Englisch sprachen, bemühten sie sich sehr unsere Wünsche zu verstehen, um uns als Gäste zu gewinnen und zu halten. Sie halfen uns auch, wenn es mal zu viele Schaulustige beim Hantieren an unseren Rädern gab. Unsere Räder wurden von den Mitarbeitern bestaunt und ein sicherer Ort angeboten. Beim Zusammen- oder Anschließen unserer Räder winkten sie jedoch häufig ab. Da blieben wir allerdings stur. Bei einer der wiederkehrenden Diskussionen zu dem Thema fiel Nik ein, dass er mit unserer Fahrradversicherung argumentieren konnte. Er brauchte nur das Wort Versicherung sagen und wurde sofort in Ruhe gelassen. Hihi! 😆

Tag 509 (20.01.2024)

  15 °C

Erinnerungen an Wadi Rum, Jordanien.

Mir Marcel stehen wir weiterhin in Kontakt. Gruß geht raus nach Hamburg!

Eine unwirkliche und faszinierende Landschaft.

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Noch in der Nacht war unsere Gastgeberin abgereist und saß den Tag über im Zug auf dem Weg zur Hochzeit. Sie freute sich, ihre Freunde und Familie wiederzusehen. Ihr Mann wollte den Zug einen oder zwei Tage später nehmen. Er war täglich stundenlang in der Bäckerei. Wir sahen ihn nur manchmal, wenn er zur Mittagspause bei seiner Frau im Zimmer saß oder spätabends Feierabend hatte.
Wir hatten zum Abendessen weder Lust gemeinsam rauszugehen, noch dass einer was holte oder selbst zu kochen. Die Gastgeberin hatte uns dann manchmal online was bestellt. Telefonisch konnten wir nicht bestellen, weil die Verständigung dafür zu schlecht war und es final an der Adresse scheitern würde. Also versuchten wir diesmal alleine online zu bestellen. Registrieren ging einfacher als erwartet, Bestellen und Bezahlen klappte irgendwann auch und der Empfang des liefernden Motorradfahrers vor dem Haustor verlief ebenfalls reibungslos. Juhu! Was geliefert wurde? Natürlich Biryani, also Reis, mit Gemüse und Eiern.

Tag 510 (21.01.2024)

  19 °C

Da wir keine neuen Fotos haben, folgen Erinnerungen an die Felsenstadt Petra in Jordanien.

Stände säumen den Weg hoch zu den schon sichtbaren Königsgräbern.

Einer der vielen Esel, die täglich den langen, teils steilen und unsicheren Weg mit Touristen oder Verpflegung auf dem Rücken, bis hoch hinauf zum Kloster trotten.

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Nik war angeschlagen. Wir hofften, dass das nur an den letzten zwei Tagen mit schlechtem und zu wenig Schlaf lag. Alternativ zum Hoffen gäbe es noch das Beten. Aber so schlimm war es zum Glück noch nicht. Aber wie sieht es eigentlich mit dem Hinduismus und anderen Religionen in Indien aus?
In Indien trifft man neben dem Hinduismus auf den Islam, das Christentum, den Sikhismus, den Buddhismus, und viele weitere Religionen. Mit Abstand am weitesten verbreitet ist in Indien jedoch der Hinduismus. Er hat weltweit etwa eine Milliarde Anhänger. Damit nehmen sie, bezogen auf die Weltbevölkerung, mit 15 % den dritten Platz ein, nach dem Christentum und dem Islam. Im Hinduismus gibt es keinen Religionsstifter und keine zentrale Institution. Vor mehr als 3500 Jahren begannen sich mehrere religiöse und philosophische Weltbilder in Indien zu entwickeln, die der Einfachheit halber als Hinduismus zusammengefasst werden. Es gibt Überschneidungen bei den sonst verschiedenen Hindu-Gruppen.
Eine Gemeinsamkeit sind bestimmte Gottheiten. Die Namen Vishnu und Shiva haben sicher die meisten schon einmal gehört. Jede der Hindu-Gruppen verehrt eine dieser beiden Gottheiten auf unterschiedlichste Art und Weise. Zusammen mit Brahma bilden sie die Dreiheit, genannt Trimurti: Brahma ist nur noch mythologisch relevant und steht in erster Linie für die Schöpfung, Vishnu für den Erhalt und Shiva für die Zerstörung und Erlösung. Jeder der drei Gottheiten hat mehrere Eigenschaften. Jede Eigenschaft kann durch eine weitere Gottheit verkörpert sein. Und zu jeder männlichen Gottheit gibt es dann noch den weiblichen Gegenpart. Dadurch ergeben sich wohl um die 330 Millionen Gottheiten. Sie leben überall, also in großen und kleinen Tempeln, in Schreinen, in Steinen, in Bäumen, Flüssen und Tieren. Durch die vielen Gottheiten, die auch noch vielfältige statt einheitliche Namen haben, können Gebete und Wünsche gezielter gerichtet werden. Schon Abi, den wir im Hostel in Delhi kennengelernt haben, meinte, dass wenn wir durch Indien radeln, wir in jedem Dorf einen anderen Gott antreffen werden.
In vielen größeren Tempeln ist die eigentliche Gottheit, für die der Tempel erbaut wurde, zusammen mit ihrem Gatten bzw. seiner Gattin ausgestellt. Manchmal sind noch Figuren von Himmelswesen um sie herum arrangiert. An allen Tempeln werden Blumen, Stoffe, Bänder, Kerzen, Farbpulver, Räucherstäbchen, Süßigkeiten, so etwas wie Puffreis und andere Dinge geopfert. Geld wird in Spendenboxen geopfert, die sich in unmittelbarer Nähe der Figuren oder anderer Heiligtümer wie Grabmäler und Schriften befinden.
Eine weitere Gemeinsamkeit aller Hindu-Gruppen ist der Glaube an die Weltseele Brahman (nicht zu verwechseln mit der Gottheit Brahma) oder auch Ishvara genannt, die Wiedergeburt und das Karma. Karma bedeutet, dass jede Tat Folgen nach sich zieht, egal ob gut oder böse oder alles dazwischen. Es kann sich sogar auf das nächste Leben auswirken. Denn Wiedergeburt bedeutet, dass nur der Körper eines Menschen oder Tieres stirbt und die Seele in einem anderen Körper wiedergeboren wird. Hindus glauben, dass sie viel Leid ertragen müssen, solange sie auf der Erde wandeln. Die ewige Wiedergeburt zu durchbrechen ist das höchste Streben und bedarf drei Wege der Heilung: dem der Erkenntnis, des Handelns und der Gottesliebe. Die Menschen sollen also nachdenken, meditieren und beten. Die Befreiung von der ewigen Wiedergeburt nennen die Hindus Moksha. Im Buddhismus benutzt man den Begriff Nirwana.
Sanatana Dharma, das „ewige Gesetz“, ist die Bezeichnung der Inder für ihre diversen Glaubensvorstellungen. Es gibt auch atheistische Strömungen, wodurch das ewige Gesetz mehr als Lebensart und nicht als Religion angesehen wird. Sie baut auf eine Vielzahl an sozialen, kulturellen und rituellen Regeln und Verhaltensweisen. Verena zum Beispiel ist (bisher) nicht gläubig, ihre Lebensart allerdings christlich geprägt.
Statt einer zentralen Institution wie im Christentum gibt es religiöse Spezialisten. Dazu zählen unter anderem die Gurus. Sie verleihen Wissen und führen ihre Schüler und Anhänger "ins Licht" durch Beratungen. Dazu zählen auch Bereiche der seelisch-emotionalen und körperlichen Erlebnisse.
Keine Ahnung, wie korrekt das alles zusammengefasst ist. Religionskenner werden sich sicher die Haare raufen und schnaufen. Dieser Text, wie alle anderen auch in diesem Tagebuch, hält die oberflächlichen Erfahrungen fest, die wir gemacht haben und worüber wir uns belesen haben. Nicht mehr und nicht weniger. Also: Alle Angaben ohne Gewähr! 😉

Tourwoche