Tourwoche
Tag 413 (16.10.2023)
18 °C

Zwischen den Arbeitsschritten wurde immer wieder die Übersetzungs-App gestartet, um zum Beispiel, wie hier, mit dem Ballsaalbesitzer zu kommunizieren.

Von Andijon nach Marg'ilon
68,2 Kilometer | |
235 Minuten |
|
160 Höhenmeter |
|
Route als GPX-Datei |
Heute sollten es 70 km werden, also ging unser Wecker (für unsere Verhältnisse) früh um halb neun. Beim Herausschieben der Räder aus dem Hotelflur, bemerkte Nik einen Platten hinten beim Frosch. Mist! Es waren wieder diese verfluchten Dornen, mit denen wir in Serbien unsere erste Bekanntschaft machen durften. Gleich zwei Dornen steckten in seinem Mantel. Der Schlauch selbst hatte allerdings drei kleine Risse, statt nur Löcher. Und zwei der Risse waren auch noch seitlich. Also irgendwas war da seltsam. Beim Herausnehmen des Schlauches aus dem Mantel könnten wir ihn eventuell beschädigt haben. Allerdings wäre dann nur auf einer Seite ein Riss gewesen. Hä? 🤷🏼 Egal. Ersatzschlauch rein und endlich losfahren. Denkste! Der ließ sich nicht prall aufpumpen. Was zum Kuckuck? Das Ventil hatte ein Problem. Zum Glück war das Hinterrad noch nicht wieder eingebaut. Aber der Mantel musste wieder runter. Und da war ordentlich Spannung drauf. Wir testeten erfolgreich unseren letzten Schlauch und konnten mit schlechter Laune, aber strahlender Sonne losdüsen. Was heißt hier düsen? Bei dem Verkehr und Stau war Schleichen angesagt. Nik ging davon aus, dass wir zeitlich keine 70 km schaffen würden. Mal schauen.
Eine Stunde vor Sonnenuntergang waren es nur noch 10 km, die wir von unserem Tagesziel entfernt waren. Super! Bei der letzten Pause saßen wir auf der Treppe eines verschlossenen Gebäudes, als uns jemand vom Nachbareingang (einem Ballsaal) zwei Stühle herüberbrachte. Voll lieb! Und voll bequem! Hihi! Dann fluchte Nik. Was war passiert? Sein Hinterrad war plötzlich platt. Was um Himmelswillen war denn heute los? Es waren wieder diese verhassten Dornen. Da wir keinen geflickten Ersatzschlauch mehr hatten, schnappte sich Verena die Verpackung vom Schlauch und huschte auf die andere Straßenseite zu einem kleinen Holzverschlag. Dort reparierte jemand Fahrräder. Und ein paar Schläuche hingen an den Balken. Nur leider hatte er keinen derartigen Fahrradschlauch. War eigentlich klar, aber Verena wollte es nicht unversucht lassen. Ein Passant kam dazu und sagte, wir sollen Flicken kaufen. Die hatten wir selber bei. Also mussten wir direkt ohne Wasser einen der Schläuche flicken und hoffen, dass wir auch alle Löcher finden würden. Beim Abnehmen des Mantels hatten wir ein paar Startschwierigkeiten. Die Leute scharrten sich schon vorher um uns. Jetzt wollte jeder irgendwie helfen. Jeder wusste es besser. Der Höhepunkt war, als sich einer von ihnen die Felge schnappte und rübergehen wollte zu dem kleinen Laden, bei dem Fahrräder repariert wurden. Danke, aber das war ein Ticken zu viel des Guten, meine Herren! Pfoten weg! Als der Mantel endlich ab war, ging es ans Flicken. Der Besitzer vom Ballsaal brachte uns tatsächlich einen Eimer mit Wasser. Yeah! Während Nik den frisch geflickten Schlauch wieder einsetzte, nutzte Verena die gegebenen Voraussetzungen und flickte direkt noch den Zweiten mit den zwei Rissen und einem Loch. Warum abends noch einmal alles heraussuchen, wenn gerade alles vorhanden und Nik mit dem Einbau beschäftigt war? Und dunkel wurde es inzwischen eh schon. Das machte keinen Unterschied mehr.
Der Frosch stand, die Warnwesten zierten unsere Leiber, die Lichter wurden angeschaltet und wir waren startklar für die letzten Kilometer. Da kam die ältere Dame vom Kiosk, keine 20 Meter entfernt, zu uns rüber. Sie hatte alles mitbekommen und war dabei, ihren Kiosk zu schließen. Zum Abschied schenkte sie uns Äpfel und eine Art Brot. Es gab auch einen jungen Mann, der uns etwas kaufen und schenken wollte, aber wir brauchten nichts. Eine junge Frau hatte uns sogar zu sich nach Hause eingeladen. Zum einen hatten wir bereits eine Unterkunft gebucht, zum anderen waren wir uns unsicher, ob das eine der freundlichen, aber nicht ernst gemeinten Floskeln war.
Tag 414 (17.10.2023)
20 °C

Von Marg'ilon nach Hamza
25,2 Kilometer | |
86 Minuten |
|
20 Höhenmeter |
|
Route als GPX-Datei |
Der Strandfloh hatte über Nacht hinten einen Platten bekommen. Das ging ja wieder gut los. Und es war wieder ein Dorn. Argh! Der junge Mann vom Hotel wollte uns zum Fahrradgeschäft schicken. Wie immer versuchten wir zu erklären, dass wir solche Dinge selbst erledigen können. Und dass wir alles dabei hatten.
Nach nicht einmal zwei Kilometern entdeckte Nik eine Seidenfabrik. Weil die Räder ziemlich sicher standen, konnten wir tatsächlich eine Führung genießen. Es war super interessant. Für jeden möglichen Schritt gab es eine Ausstellungsfläche und jemanden, der es live vorführte. So cool! Was wir aufgrund der Jahreszeit nicht gezeigt bekommen konnten, war die Aufzucht der Raupen und die Bildung der Kokons. Zwei Mütterchen führten uns vor, wie die Fäden von den Kokons gewonnen wurden. Wir durften alles berühren und bekamen einen getrockneten Kokon als Andenken mit. Die feinen Fäden wurden zu dickeren Fäden verwoben und auf unterschiedlich große Spulen gewickelt. Färbetechniken, Färbemittel, Koch- und Waschvorgänge, geknotete Teppiche, gestickte Decken, von Hand gewebte Schals und von alten Maschinen produzierte Meterware. Am Ende gab es einen Souvenirladen mit Unmengen an dort produzierten Produkten. Darunter auch Taschen, Cappys, Frauenkleider und Herrenmäntel.
Zurück auf der Straße ging Nik Getränke kaufen. Dabei standen wir vor einem Bäcker, der uns nach einem Smalltalk seine Backstube zeigte. Auf kleinstem Raum produzierten sie dort mit einem traditionellen Ofen Unmengen an Broten, die am Stand auf dem Seitenstreifen und von einem fliegenden Händler verkauft wurden. Wir nahmen direkt auch etwas Brot mit. Noch bevor wir uns verabschiedeten, gesellte sich ein Mann dazu, der ziemlich gut Englisch sprach. Es war ein Englischlehrer, der uns bat, ihn wenige Meter zu seinen Unterrichtsräumen zu begleiten. Er würde uns gerne eine seiner Klassen vorstellen. Da wir wegen der Räder nicht mit hineingehen konnten, kam die Klasse raus zu uns. Alles Mädels. Dazwischen waren auch mal einige Jungs, aber wo die genau zu gehörten war uns unklar. Die Mädels stellten sehr viele Fragen, die Verena versuchte so gut wie möglich zu beantworten. Nik war mit dem Lehrer und anderen jungen Männern ins Gespräch vertieft. Es machte Spaß und wir ließen uns Zeit. Doch irgendwann mussten wir wirklich weiter. Nach der Verabschiedung vom Lehrer, trat ein junger Mann an Nik heran, der sich schon die ganze Zeit im Hintergrund hielt. „Now it is my turn!“, begann er im perfekten Englisch und mit einem dicken Grinsen. 😅 Er will später Übersetzer werden. Beste Voraussetzungen!
Wir fuhren keinen Kilometer und machten eine Pause. Das musste alles erst einmal analysiert werden. Wie geil war das bitte eben alles? Herrlich! Nach einer Stunde Fahrt war der Tag damit dann aber auch wieder vorbei. Auf einer unserer verwendeten Karten war eine Unterkunft verzeichnet, die leider keine war. Dafür bekamen wir von der Frau dort eine fette Traubenrispe. Sie war schwierig zu verpacken, aber für solche Leckereien findet Verena immer eine Lösung. Das wäre doch gelacht! Sie deutete auch noch an, dass irgendwo an der Straße ein Hotel kommen sollte. Wir sahen aber direkt ein Hotelschild und bogen ab. Und fuhren und fuhren und fuhren. Aber irgendwie kam da kein weiteres Schild mehr, weder an einem Haus, noch auf der Straße. Mist! Eine Passantin wies uns an, ein Stück zurückzufahren, zu dem Haus mit dem grünen Dach. Nik hatte es bereits vermutet. In einem Lädchen im selben Gebäude hieß es dann, dort wäre kein Hotel. Und auch sonst könne man dort nicht übernachten. Nik musste übernehmen und begann mit mehreren Leuten zu „reden“. Am Ende versteckte sich hinter einem großen Tor doch eine Art Hotel und wir konnten uns ein Zimmer mieten. Juhu!
Tag 415 (18.10.2023)
22 °C

Hier lagen die Chilischoten zum Trocknen immer wieder einfach am Straßenrand. Weiter hinten war ein zweiter Chili-Seitenstreifen zu sehen.

Von Hamza nach Kokand
55,1 Kilometer | |
173 Minuten |
|
60 Höhenmeter |
|
Route als GPX-Datei |
Der Wecker ging um acht. Wir gingen um zehn. Das war richtig früh für unsere Verhältnisse. Dummerweise gab es keine Registrierung für uns. In Usbekistan benötigte man früher für die Ausreise Registrierungen von den Hotelübernachtungen. Theoretisch waren sie nicht mehr gefordert, praktisch wurden sie allerdings von den Hotels noch ausgestellt. Wir nahmen zur Sicherheit jede Registrierung, die wir bekommen konnten.
Wir kamen gut voran und erreichten unser Hotel vor 15 Uhr. Das gab uns genug Zeit für einen größeren Spaziergang inklusive eines Rundganges um den Palast des Xudayar Khan und durch den dazugehörigen, weitläufigen Park. Wir merkten aber, dass wir doch erschöpfter waren als gedacht. Zudem wurde es zügig kalt. Auf dem Rückweg gab es Abendessen bei „Burgers“. Und es wurde wieder viel zu viel: Caesar Burger Combo mit Chick Cheese Burger für Nik, für Verena einen Mozza und Mushroom Burger mit einem alkoholfreien Glamour Berlin Cocktail.
Tag 416 (19.10.2023)
→
22 °C

Der Schlafplatz für unsere Räder in einem sauer riechenden Raum. Dort standen die Einmachgläser vom Gemüse herum.

Diesmal gab es Abendessen in einer Art Kantine. Die waren für uns ziemlich praktisch, weil man direkt sehen konnte, was man haben will. Mit Speisekarten hatten wir so unsere Probleme. 😉

Von Kokand nach Konibodom
58,4 Kilometer | |
183 Minuten |
|
140 Höhenmeter |
|
Route als GPX-Datei |
Ein neuer Rekord für uns: die ersten 33 km schafften wir in etwa 80 Minuten Radfahren nonstop. Das waren durchschnittlich rund 20 km/h. An einem Pavillon mit Sitzbänken hielten wir an. Nik schob sein Rad in die Ecke, während Verena etwas am Dach seltsam vorkam. Dort waren unzählige Wespen am Herumschwirren, die teilweise zu Boden fielen. Nik sah zu, dass er zügig wieder aus der Ecke herauskam. An einem Salon mit einer auffällig hohen und großen Sitzbank hielten wir wieder an. Da kam auch schon ein Nachbar zu uns rüber. Weil eine Unterhaltung nicht möglich war, ging er wieder. Als Nächstes kam ein Mann vom Salon und führte Nik herum. Kurze Zeit später sprach uns wieder jemand an. Diesmal war es wohl der Salonbesitzer selbst. Der andere arbeitete inzwischen vorne im Blumenbeet.
Ein Hund lag dort herum, humpelte beim Laufen, hatte für Verena äußerlich was von einem Fuchs. In den Blumen wimmelte es von Bienen und Bläulingen. Ein Monarchfalter und ein strahlend gelber Falter waren auch dabei. Da hatte sie einiges zu beobachten.
Wir erreichten die Grenze nach Tadschikistan. Als wir bei der Passkontrolle dran waren, kam es direkt zu einem Systemausfall. Auch die andere Schlange ging nicht weiter. Angeblich brauchte man die Hotelregistrierungen ja nun nicht mehr bei der Ausreise. Bei uns hatten sie wohl zu wenig zu tun und wollten sie tatsächlich sehen. Dafür fiel die Taschenkontrolle spärlicher aus als gedacht. Die Einreise ging etwas schneller. Keine Taschenkontrolle!
In Konibodom angekommen, war es noch zwei Stunden ohne Strom. Dementsprechend gingen die Geldautomaten nicht. Ohje! Auf den Karten suchte Nik nach Hotels. Ein Passant wollte uns in eines schicken, aber das war mal richtig teuer. Wir versuchten unser Glück bei einem Hotel, das Nik bereits vorher herausgesucht hatte. Ein Doppelzimmer mit eigenem Bad für 300 TJS (ca. 25 €) oder zwei Einzelbetten (mit eigenen Decken) für 200 TJS (ca. 17 €). Bei den Doppelbetten kommen wir mit einer gemeinsamen Decke nicht zurecht. Es wurden die billigeren Einzelbetten. Der Betreiber versuchte uns noch einige Zeit ein teureres Zimmer aufzuquatschen.
Die Räder kamen in eine Art Lagerraum im Erdgeschoss unter den Hotelzimmern. Dort standen einige Stühle und viele Gläser mit anscheinend sauer eingemachtem Gemüse. Der ganze Raum roch säuerlich. Auf einem Taptschan waren Kohlköpfe pyramidenförmig gestapelt. Wir bekamen vom Hotelbetreiber noch Tipps für die Geldautomaten und ein Restaurant mit WiFi inklusive einer Preisauskunft, damit man uns nicht als Touristen abzieht. Netter Typ!
Die Betten rochen leider intensiver als es uns vorher aufgefallen war. Nik plante noch mal eben die weitere Route neu. Anstatt nördlich von Kujand wieder nach Usbekistan einzureisen, wollten wir westlich über eine Bergkette.
Tag 417 (20.10.2023)
24 °C

Von Konibodom nach Kujand
82,0 Kilometer | |
216 Minuten |
|
260 Höhenmeter |
|
Route als GPX-Datei |
Die Strecke war wieder langweilig. Andererseits mussten wir eh viel auf die Straßenschäden achten. Wir fuhren in etwas Entfernung an einem See vorbei. Das war nach 40 km. Ein einfacher Abstecher wäre es nicht gewesen. Damit der Umweg einen signifikanten Mehrnutzen gehabt hätte, hätten wir dort zelten müssen. Oder wir würden weitere 40 km radeln. Genug Zeit war auf jeden Fall noch, um die Kilometer vor Einbruch der Nacht zu schaffen. Wir entschieden uns gegen den See. Dafür ging Verena ein paar Meter in die Straße zum See hinein, um kleine Granatäpfel zu pflücken. Vielleicht wären sie ein schmackhafter Snack für zwischendurch. Ein Stück weiter erblickte Nik einen schmalen, verdeckten Weg. Ein paar Meter hinein, stand ein Containerhäuschen mit schattenspendender Überdachung und einem Taptschan. Zu sehen oder zu hören war niemand. Wir setzen uns hin und machten eine Essenspause. Ganz allein im Schatten. 🥰 Irgendwann vernahmen wir Stimmen vom umliegenden Feld und sahen Leute. Aber sie schienen uns nicht bemerkt zu haben oder sich nicht für uns zu interessieren. Wir blieben allein und genossen das kleine Idyll. ☺️
An einem riesigen Hotel kam Verena mit der Übersetzungs-App nicht weiter. Bei der Besichtigung eines Zimmers klatschte ihr eine Mitarbeiterin gegen die Brust. Warum? Wollte sie testen, ob Verena eine Frau ist??? Merkwürdig!
Die Fahrräder durften nicht mit auf das Zimmer. Draußen sahen wir nichts zum Festbinden. Es liefen extrem viele Hotelgäste herum. Das Gebäude war echt riesig. Da die Kommunikation schwierig und Verena nervlich am Ende war, zogen wir weiter. Im Dunkeln erreichten wir ein Apartment Hotel. Sie hatten ein freies Zimmer, einen eigenen, großen, schönen, gepflegten Hofgarten und einen Parkplatz. Dort sah es auch sicher für unsere Räder aus. Und alles, was wir brauchten, war fußläufig erreichbar. Das Bad sah gut aus, das Zimmer war groß, sauber und hell. Richtig gut!
Zum Abendessen gab es sehr viel lecker frittiertes Hühnchen. Neben dem Imbiss war ein richtig gut ausgestatteter Supermarkt. Wir durften dort ein mehrschichtiges Fladenbrot (vielleicht Noni Fatir?) probieren und nahmen eines für das Frühstück mit, natürlich zusammen mit Honig und Zitrone für die kommenden Tage. 😄
Kujand stand übrigens auf der Serviette, die wir von einem der drei älteren Herrschaften bei der Mittagspause mit dem Pamir-Taxi auf dem Weg von Duschanbe nach Khorugh erhalten hatten. Wir hatten ihn tatsächlich angeschrieben und sind seiner Einladung gefolgt. Wir wollten uns Kujand anschauen, ein paar Tage pausieren und uns vielleicht mit ihm treffen. Schauen wir mal!
Tag 418 (21.10.2023)
24 °C
Bei unserer ersten Reise durch Tadschikistan hatten wir ein eVisum beantragt, mit dem wir einmalig einreisen konnten und dann 60 Tage Zeit hatten, das Land zu erkunden. Bei unserem zweiten Besuch jetzt waren wir visumfrei eingereist und konnten uns erneut bis zu 30 Tage im Land aufhalten. Ein Haken daran war, dass wir uns registrieren lassen mussten. Das Auswärtige Amt schrieb binnen drei bzw. zehn Tagen nach Einreise. Wir waren vor zwei Tagen eingereist und radelten zur ansässigen Registrierungsstelle der tadschikischen Innenbehörde, genannt OVIR (Abt. für Visa und Registrierung). Ohne sie könnte es zu Ausreiseverzögerungen und Strafgeldern kommen. Dasselbe galt bei der Überziehung der Aufenthaltsdauer.
Bei der Registrierungsstelle mussten wir auf den Bearbeiter warten. Dabei sprach uns ein Einheimischer an, der seinem Freund bei dessen Registrierung half. Er vermittelte freundlicherweise auch zwischen uns und dem Bearbeiter. Der hatte allem Anschein nach keine Lust uns zu registrieren und meinte, dass wir für die ersten 14 Tage keine bräuchten. Wir wussten nie genau, wann wir wie lange wo waren. Und wir konnten uns nicht auf sein Wort verlassen. Was, wenn die Grenzbeamten das anders sahen als er? Also bestanden wir auf die Registrierung.
Beim Anschließen der Fahrräder vor dem Regierungsgebäude freuten wir uns mal wieder über unser neues Schloss. Wir lieben unser tex-lock. Es ist flexibel und vor allem leicht. Die Kette ist mit schnittfestem Textil ummanteln. Die Metallösen und das Bügelschloss sind gummiert, wodurch es den Lack nicht zerkratzt. Mit der Textil- und Gummiummantelung klappert es auch nicht mehr. Die Metallösen sind unterschiedlich groß. Die kleine passt durch die größere (Loop-Through-Prinzip). Das ermöglicht sehr viel mehr Spielraum, wie man die Räder zusammen anschließen kann. Wir lieben dieses Schloss!
In einem Donut-Laden probierten wir uns quer durch die Produkte. Den Rest des Tages unterlagen Erledigungsversuche dem erholsamen Herumgammeln.
Tag 419 (22.10.2023)
21 °C
Verenas Telefon klingelte uns unerwartet um halb elf aus dem Tiefschlaf. Am Vorabend hatten wir mit Raful, der Serviettenbekanntschaft vom Pamir, vereinbart, dass wir uns am heutigen Tag treffen wollten. Die Übersetzung seiner Texte war nicht eindeutig und Verenas Interpretation leider fehlerhaft. Er wollte bereits vorbeikommen und uns abholen. Wir verabredeten uns nun für 14 Uhr. Zum besseren Verständnis: Er hatte Nik vor Wochen beim Mittagsessen in einem Restaurant gesehen, ihn herzlich gegrüßt, umarmt und seine Kontaktdaten auf einer Serviette überreicht. Jetzt kam dieser gestandene Mann, der Niks Vater hätte sein können, freudig strahlend auf ihn zu und drückte und knuddelte ihn, als wenn sie sich schon Jahre kannten und dickste Freunde wären. Was für eine seltsam überwältigende Begrüßung, aber es passt zu der Erfahrung der ersten Begegnung.
Raful war in Begleitung von Jahonzeb, einem seiner Söhne, und Khiradmand, einem Neffen. Jahonzeb war der Fahrer und sprach etwa Englisch. Im Audi Q7 ging es ein Stück durch die Stadt. An sich fuhren wir genau die Strecke, die wir zwei Tage vorher bereits geradelt waren. Aber so groß war die Stadt eben auch nicht und wir sind sie zu einem großen Teil auch im Dunkeln gefahren. Bei Tageslicht und ohne selbst auf den Verkehr und die Straße achten zu müssen, hat man dann ja doch mal mehr Möglichkeiten sich umzusehen und alles anders auf sich wirken zu lassen.
Im Nachbarort gab es den Kayrakkum Damm, ein Wasserkraftwerk. Dort standen wir eine Weile am Straßenrand, mit Blick auf den Stausee. Wir hatten uns bei der Fahrt nach Kujand gegen einen Abstecher an diesen See entschieden. Nun durften wir trotzdem noch ein wenig Flair von ihm spüren. Wobei uns der kühle Wind so sehr um die Ohren zog, dass wir nicht lange ausharrten und wieder zurückfuhren. Für das Fischrestaurant am Damm war es uns noch zu früh. Sie brachten uns zum Kulturpalast Arbob, der erst der Bildung der Arbeiter diente und dann in und nach dem tadschikischen Bürgerkrieg politische Bedeutung erlangte. Hier wurde der erste Präsident Tadschikistans nach der Unabhängigkeit ernannt. Im dazugehörigen Park waren überall Brautpaare zu sehen. Anscheinend war es eine beliebte Kulisse für Fotoshootings. Und mindestens genauso beliebt war das Mieten eines Maybachs für die Hochzeit. Nur das Beste! Es gab eine Führung mit einer jungen Frau durch den Palast. Die war richtig gut. Sie hielt für uns die einzelnen Vorträge auf Englisch, bei Fragen von uns und unseren Freunden wechselte sie problemlos zwischen den Sprachen hin und her. Und sie übersetzte auch für uns in den Unterhaltungen mit Raful. Es war eine tolle Stimmung in der kleinen und sichtbar interessierten Gruppe.
Als Letztes gingen wir in ein Restaurant. Wir probierten Suppen und waren begeistert. Zum Abschied wurden wir für unsere Weiterreise zu Jahonzeb eingeladen. Als jüngster Sohn blieb er traditionell im Haus der Eltern wohnen und kümmerte sich, zusammen mit seiner Frau, um sie und übernahm den Hof.