Tourwoche
Tag 385 (18.09.2023)
16 °C
Es ging immer noch nicht weiter, dafür testeten wir wieder unsere Kondition. Die Straße M41 verläuft beim Hotel durch ein Tal. Wir gingen ein kleines Stück die Bergkette hinauf, um ein schönes Panorama sehen zu können. Es war anstrengend, aber mit vielen kleinen Pausen zum Luftholen schafften wir es. Das war ein gutes Zeichen. Und die Aussicht war ganz nett. 😊
Verena hatte beobachtet, wie eine Frau im Bad am Einlass des dampfenden Quellwassers eine PET-Flasche damit füllte. Sie konnte sie nur wenige Schritte tragen, um die Flasche abzustellen und die Finger zu kühlen. Was tun die Leute bitte damit? Nehmen sie es mit? Was macht man mit kaltem Schwefelwasser zu Hause? Aufwärmen und hoffen, dass es dann genauso heilsam ist? Irgendwann war ihr wieder so kalt, dass sie überlegte, womit sie sich aufwärmen könnte. Die leere PET-Flasche neben ihrem Bett wurde kurzerhand mit dem heißen Quellwasser gefüllt. Mit der Hitze wurde es rasch warm genug unter der Bettdecke. Vielleicht machten die anderen das ja auch so? Denn die Heizung im Hotel bestand aus dicken Rohren durch die das Quellwasser lief. Wenn die Bäder neu eingelassen wurden, dann blieben die Heizrohre halt kalt.
Da es dort allem Anschein nach keine Probleme gab, auch gemischt geschlechtlich das Bad zu nutzen, tauchten wir nachts zusammen im frisch eingelassenen Damenbad unter. Zur Freude von Nik. Denn es war "viel schöner" als das der Herren auf der anderen Seit der Wand. Zudem war es eine Wohltat für seinen Körper.
Tag 386 (19.09.2023)
16 °C

Nik hing am Fenster, um besseres Internet zu besorgen. Der Hund stand am Fenster, um Aufmerksamkeit und eventuell ein Leckerchen zu ergattern.
Auf der Suche nach Zigaretten kam heraus, dass es in unserer Nähe noch einen weiteren Laden gab. Warum sagte uns das bisher niemand? Das Dorf war nicht besonders groß, aber nicht jeder schien zu wissen, wer alles wo ein Lager hatte und verkaufte.
Nachts gegen 23 Uhr sind wir noch ein letztes Mal ins Schwefelbad. Das Bad war genauso frisch wie der Umkleideraum, dafür war das Wasser mega heiß. Langsam Stück für Stück hineintauchen war irgendwie möglich, man durfte sich nur nicht bewegen. 😆 Ein paar Minuten war es auszuhalten, danach waren wir richtig gut durchgeheizt.
Tag 387 (20.09.2023)
14 °C

Es hat ein paar Tage gedauert, bis wir gemerkt haben, dass wir kurz nach Jelondi die 8.000 km geknackt hatten. Deshalb gibt es diesmal nur ein unkreatives Foto.

Von Jelondi nach M41
21,3 Kilometer | |
123 Minuten |
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470 Höhenmeter |
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Route als GPX-Datei |
Wir kamen erst spät los. Ordentlicher Rückenwind half uns zügiger voranzukommen. Binnen weniger Minuten kamen uns vier E-Autos entgegen. Einer hielt sogar an, um Selfies mit uns zu machen. Bei einer der Ziegenherden, die weiterhin hinabgetrieben wurden, fand der dazugehörige Hund Nik interessanter als ihm lieb war. 😅
Dann drehte der Wind. Er war nicht nur nervig, sondern auch eisig. Bei einer Pause am Straßenrand mit Blick auf mehrere verschneite Berggipfel um uns herum, hielt ein Motorradfahrer neben uns. Marius aus Deutschland hatte die Nacht gezeltet - sein Schlaf war mit der nicht ganz zur Kälte passenden Ausrüstung alles andere als erholsam. Selbst jetzt, mitten am Tage, überlegte er schon seine Winterhandschuhe rauszuholen.
Nach wenigen Kilometern drehte sich der Wind wieder. Die Bergketten schienen den Wind nur auf einer kurzen Strecke in die für uns unpraktische Richtung zu leiten. Dann sahen wir lange niemanden mehr, weder auf der Straße noch in der näheren Umgebung. Es gab die eine oder andere Ruine in der Ferne zu sehen.
Mit dem letzten Kilometer an diesem Tag fuhren wir an einem bewohnten Haus direkt an der Straße vorbei. Dahinter begannen direkt die Serpentinen. Wir schoben um die erste, enge Kehre. An der zweiten stellten wir die Räder ab und Nik erkundete die Überreste einer alten Abzweigung. In wenigen Metern Entfernung von den Serpentinen schippten wir uns einen passenden Untergrund für das Zelt zurecht. Mit dem Sonnenuntergang wurde es so kalt, dass wir unsere Nudeln neben dem Zelt hockend herunterschlingen mussten, um so schnell wie möglich ins Zelt zu kommen. Es war nur eine leichte Brise, aber die war einfach nur eiskalt.
Tag 388 (21.09.2023)
12 °C

Erholsame Nächte laufen anders ab als diese. Es war so bitterkalt... Die Sonne war unsere Erlösung. 😊

Denn neben Sand flogen plötzlich auch Disteln den Hang hinauf. Eine davon direkt in Verenas Gesicht. Da will man mal die Aussicht genießen und endet mit Stacheln in der Haut. Die Brille hat Schlimmeres verhindert. Puh!

Von M41 nach M41
23,7 Kilometer | |
123 Minuten |
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320 Höhenmeter |
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Route als GPX-Datei |
Der Tag hatte es mit Schweiß, Tränen, Eis und Blut in sich. Aber fangen wir von Vorne an:
Mit unserer Ausrüstung wurde uns nachts ordentlich kalt. Alles was einen Akku besaß, der Wasserfilter und die Reiseapotheke hatten die Nacht bei uns im Zelt verbracht, damit sie bei den Minusgraden keinen Schaden nehmen würden. Wir mussten eine Weile warten, bis die Sonnenstrahlen es über die umliegenden Berge auf unser Zelt schafften. Erst dann fühlten wir uns in der Lage bei der Kälte aufzustehen. Der Wind war noch eisiger als am Abend davor. Im Wassersack auf dem Fahrrad war ein dicker Eisklumpen. Zurück auf der Straße versuchten wir motiviert die Serpentinen zu fahren, statt zu schieben. Nach nur wenigen Metern waren wir total aus der Puste. Das hatten wir sowas von falsch eingeschätzt. Ein LKW-Fahrer fragte, ob er uns mitnehmen soll. Da es nur noch drei Kilometer bis zum hiesigen Pass waren, wollten wir es aus eigener Kraft schaffen, auch wenn es eine Ewigkeit dauerte. Sand und Steinchen flogen uns wegen der Böen um die Ohren. In einem sehr unglücklichen Moment flogen sogar Disteln umher und Verena direkt ins Gesicht. So schnell wie das Blut abgetupft war, legte sich auch der Schreck wieder und wir konnten weiter.
Hinter dem Pass war der Rückenwind teilweise so stark, dass er uns sogar bei geringen Anstiegen noch voranbrachte. Er war allerdings auch so eisig, dass uns kalt wurde. Trotzdem brannte die Sonne noch ordentlich auf unserer Haut. Verena hatte sogar leichten Sonnenbrand an den Händen und der Nase bekommen. Wir erreichten eine Ruine direkt neben der Straße gelegen. Sie bot an einer Stelle zumindest ein wenig Windschatten, allerdings mit nur wenig Abstand zu einem alten Tierkadaver. Zum Bach waren es keine zwanzig Meter. Nik froren die Finger fast ab, als er die Flaschen dort zum Auffüllen hineinhielt. Für's Abendessen einigten wir uns darauf keinen Aufwand zu betreiben. Trockenes Brot musste reichen. Wir müssen zugeben, dass sich nach der letzten eisigen Nacht ein wenig Verzweiflung breit machte. Aber Jammern half halt auch nicht, da mussten wir jetzt durch.
Es war bereits dunkel, als Nik auf der Straße jemanden gehen sah. Der radreisende Franzose Joan war auf der Suche nach etwas Handyempfang. Sein Rad und sein Kumpel waren 200 Meter weiter in einer beheizten Unterkunft. Wie bitte??? Wir hätten bei der Erkundung der Gegend nur 20 Meter weiter die Straße entlang gehen müssen, dann hätten wir das Haus auch gesehen. Nik ging zu Verena, die eingeengt aber dafür windgeschützt in der Apside das Wasser vom Bach filterte. Was tun? Das Lager war fertig, aber die Nacht würde nicht erholsam werden. Frierend und total erschöpft im Dunkeln alles zusammenpacken war aber auch keine schöne Vorstellung. Es war tatsächlich eine so schwere Entscheidung, dass Tränen flossen. Ein letzter Kraftakt sollte eine erholsamere Nacht versprechen. Mit klappernden Zähnen warfen wir unsere Sachen in die Taschen und schoben alles in den wackelnden Lichtern der Stirnlampen zur Straße hinauf. Im zunehmenden Halbmond war die Silhouette des Hauses gerade so zu erkennen. Ein kleines Licht brannte im Haus. Es ging aus, um an der Hausecke wieder zu erleuchten und uns willkommen zu blinken. In einem geheiztem Raum und mit heißem Tee konnten wir uns aufwärmen. Es gab sogar Brot und Beilagen von den Gastgebern. Wir konnten uns mit dem dort lebenden Ehepaar leider nicht unterhalten. Die Übersetzungen ergaben irgendwie nie Sinn. Dafür schienen sie fünf lokale Sprachen sprechen zu können.
Tag 389 (22.09.2023)
15 °C

Das Haus war unsere Rettung vor einer Nacht im Zelt, die alles andere als angenehm geworden wäre. Im Windschatten wärmten die Sonnenstrahlen sogar ein wenig.

Von M41 nach Alichur
41,7 Kilometer | |
185 Minuten |
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420 Höhenmeter |
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Route als GPX-Datei |
Durch die Franzosen standen wir zur Abwechslung mal etwas früher auf. Der Bach war noch gefroren, die Ziegen wurde aus den Ställen getrieben, es gab Frühstück und wir konnten den Gastgebern ein Stück Brot abkaufen. Beim Abschied von den beiden Franzosen hatten wir etwas Mitleid mit ihnen. Denn sie fuhren den Pamir Highway in die andere Richtung und hatten deshalb massiven Gegenwind. Wir packten unser zusammengeknülltes Zelt noch einmal aus, um es in der wärmenden Sonne ordentlich zusammengepackt zu bekommen.
Um elf Uhr war der erste und anstrengendste Anstieg des Tages überwunden. Da nirgends Windschatten zu finden war, schoben wir die Räder von der Straße weg und setzten uns an ein Rohr, das unter der Straße hindurchführte. Es war ein wunderbarer und weiter Ausblick, den wir genießen durften. Zurück auf der Straße, wollten wir gerade losfahren, als hinter uns zwei gut beladene Radreisende zu sehen waren. Für ein längeres Gespräch mit Bruno und Laura aus England war leider keine Zeit. Wir überholten uns auf der gemeinsamen Strecke mehrfach gegenseitig, bis sie eine Panne hatten. Als feststand, dass sie keine Hilfe brauchten, fuhren wir weiter.
Irgendwann war Verena Nik weiter voraus als normal. Vielleicht lag es an den neu probierten Bonbons mit Energygel. Hihi! 😉 So erreichten wir die Ortschaft Alichur. Wir fanden nur irgendwie nicht die Unterkunft. Zwei Mädchen brachten uns netter Weise hin. In dem Haus saßen drei Männer bei der Gastgeberfamilie. Die Männer waren ein Filmteam und machten Drohnenaufnahmen vom Haus und der Umgebung. Es ist Teil eines EU geförderten Projektes. Häuser werden mit Solarpanelen (erneuerbare Energie) und energieeffizienter Technologie ausgestattet. Überall die Straßen entlang sahen wir einfache Strommasten. Ohne durchgehende Stromkabel kommt nur leider nichts in den Ortschaften an. In Alichur warteten die Menschen seit vielen Jahren auf den versprochenen Stromanschluss. Dieses Haus konnte sich nun selbst klimafreundlich versorgen. Die Energie reichte für Licht und zum Laden von Geräten. Zum Heizen und für heißes Wasser wurde ein Ofen mit Kuhfladen und etwas Holz gefüttert. Gekocht wurde mit Gas. Wasser zum Duschen, Abwaschen und Trinken wurde bei einem der Brunnen wenige Meter entfernt von Hand gepumpt und die Eimer und Kübel mit einer Schubkarre zum Haus gebracht. Die Toilette war ein zwei mal zwei Meter großes, separates Häuschen mit einem Loch im Boden. Geduscht wurde mit einem Eimer und einem Schöpfbecher. Das Rohr der heißen Abluft vom Ofen ging im Badezimmer durch einen mit Wasser gefüllten Tank. Dadurch gab es ordentlich heißes Wasser zum Duschen. Der Tank musste natürlich von Hand mit Brunnenwasser aufgefüllt werden.
Von den Rädern nahmen wir nur das Notwendigste und frostempfindliche Dinge wie Akkus, Medikamente und den Wasserfilter mit ins Haus. Der Rest übernachtete ein paar Meter vom Haus entfernt in einem verschlossenen Frachtcontainer. Diese waren immer wieder auf unserer Route zu sehen. Sie standen am Straßenrand und auf Höfen. Manchmal waren Durchgänge und Fenster rausgeflext. Sie waren Lagerstätten oder wurden zu Läden umfunktioniert. Unsere Räder standen unter anderem neben Benzinfäßern, Dämmmaterial, Plastikrohren und Ästen.
Da trafen auch schon die Engländer ein. Es gab mehrere Unterkünfte in dem Ort, aber das Shukrona Homestay ist eine Empfehlung unter den Radreisenden. Wir bekamen zusammen sogar noch etwas vom Lunch des Filmteams ab. Juhu! 😄Zum Abendessen gab es Gemüsesuppe mit Kartoffeln und Chinanudeln. Klingt nicht besonders, war aber wunderbar. Mit Laura und Bruno verstanden wir uns sehr gut. Gesprächsstoff gab es genug.
Tag 390 (23.09.2023)
14 °C
Laura hatte sich erkältet. Sie blieben eine Nacht länger, um ihren Körpern etwas Ruhe zu gönnen. Die nächsten Tage würden anstrengend genug werden. Und es war nie sicher, ob man die nächste kalte Nacht nicht doch zelten müsste. Es gab immer weniger Übernachtungsmöglichkeiten, die auf den Karten markiert waren. Und selbst von denen war nicht sicher, welche davon bereits in der Winterpause waren. Da Nik alles andere als gut geschlafen hatte, blieben wir ebenfalls eine weitere Nacht.
Zum Frühstück gab es Fladenbrot, Butter, Marmelade, eine Art Joghurt und Äpfel. Wärmend waren die gebratenen Eier, Zwiebeln, Tomaten und natürlich schwarzer bzw. grüner Tee. Beim Lunch füllten wir unsere Mägen mit gebratenen Kartoffeln, Zwiebeln, Karotten und Tomaten. Dazu gab es einen einfachen Tomaten-Gurken-Salat, Brot, Marmelade und Joghurt. Abends war es eine Suppe mit Reis, Linsen, Zwiebeln, Karotten und Knoblauch. Alles einfach, aber deftig, schmackhaft und ordentlich zubereitet.
Nik ging in einem Kiosk einkaufen. Dort waren einfach mal alle erkältet und schnieften bzw. husteten vor sich hin. Der Kassierer sah richtig schlecht aus. Da hofften wir direkt gleich wieder, dass Nik sich dort nicht angesteckt hatte. Wir sind einfach schon zu oft wegen Infektionen in den Orten hängen geblieben. Vormittags war es kalt im Schlafraum. Die Sonne sollte erst nachmittags auf unserer Hausseite stehen. Also gingen wir etwas spazieren. Es gab nicht viel zu sehen, aber die spielenden und interessiert schauenden Kinder zwischen den einfachen Familienhäusern, mit der kargen und beeindruckenden Landschaft im Hintergrund, machten den Spaziergang trotzdem zu etwas Besonderem. Eine kleine Moschee, ein Esel, überall Kühe, der Fluss mit seinem vermüllten Ufer, alte LKW und selbstgebaute Lastenmotorräder gab es zu sehen.
Tag 391 (24.09.2023)
15 °C

So kann Wildcampen auch aussehen. Draußen wären die Nacht wieder richtig kalt geworden. Hier drin war es erträglich und sicher.

Von Alichur nach Mamazair
59,0 Kilometer | |
232 Minuten |
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390 Höhenmeter |
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Route als GPX-Datei |
Im Kiosk füllten wir unsere Vorräte an Softdrinks, Bonbons und Zigaretten auf. Wasser hatten wir am Vortag ausreichend gefiltert. Die nächstgrößere Ortschaft Murghab lag für uns zwei Tourtage entfernt. Und wir wussten nicht, ob wir die Nacht eventuell zelten mussten. Wir hofften nicht. Es war einfach zu kalt für uns, um erholsam schlafen zu können. Zudem sollte es am nächsten Tag anfangen zu regnen und zu schneien. Wir wollten versuchen, vorher in Murghab anzukommen.
Es war herrliches Wetter. Die Sonne wärmte uns, während der Rückenwind uns eisig voranschob. Die Straße war gut, die Umgebung genial und die Abfahrten machten richtig Spaß. An einer Art kristallblauem Teich hielten wir für den tollen Ausblick und überlegten, ob der kleine Teich eine Grundwasserquelle sein könnte, da er kegelförmig zur Mitte hin tiefer wurde. Hinter dem Teich erstreckte sich eine riesige Talfläche mit vielen Yakherden eingefasst von den imposanten Bergspitzen mit und ohne Schneekuppeln. Uns kamen zwei Männer auf Gravelbikes mit wenig Gepäck entgegen. Sie waren aus England und hatten die Nacht bei -14 °C in den Bergen übernachtet. 🥶 Das brauchten sie auch nicht noch einmal und wir hätten ein richtiges Problem. Darauf ist unsere Ausrüstung nicht ausgelegt.
Nach 30 km erreichten wir unser erstes Ziel. Dort sollte es eine Jurte geben. Die war nur leider abgebaut. Man sah noch den Kreis im Boden und in der Mitte stand noch der Ofen. Sonst war auch niemand zu sehen, den man irgendwie fragen konnte. Denn die abgebaute Jurte befand sich neben einem eingemauerten Hof mit zwei Wohnhäusern. Nik hatte so schlecht geschlafen, dass wir inzwischen gehofft hatten, dort nächtigen zu können. Sein Arm kribbelte die ganze Zeit. Das war kein gutes Zeichen. Allerdings saß uns auch der angekündigte Regen und Schnee im Nacken. Wir mussten einfach weiter. Die nächste Möglichkeit auf ein Homestay war weitere 30 km entfernt. Trotzdem brauchten wir erst einmal eine richtige Pause und schoben die Räder ein Stück weiter ans Ende der Hofmauer. Und wen entdeckten wir dort? Laura und Bruno packten gerade ihre Sachen vom Essen zusammen. Hihi! Sie waren etwa 30 Minuten vor uns in Alichur gestartet. Ein großer Hund schaute ihnen freundlich dabei zu. Vielleicht fiel ja unerwartet was für ihn zu Boden. 😄
Kaum wollten wir weiter, kam irgendwo aus dem Tal ein kleiner Truck angeschossen. Einige der Personen im Fahrerhaus sitzend und auf der Ladefläche stehend, schauten uns mit großen Augen an, als sie vorbeifuhren. Sie bogen in den Hof ein. Drei Männer kamen kurz darauf auf uns zu. Es schien wie der Vater mit seinen zwei ältesten Söhnen. Die Frage zum Tee lehnten wir ab. Wir mussten unbedingt weiterfahren, um vor Sonnenuntergang am nächsten, potenziellen Homestay anzukommen. Den Männern folgten zwei Frauen, ein Mädchen und weitere Personen. Alle lächelten freundlich, als wir sie begrüßten. Wir hätten wohl doch dort schlafen können, hatten uns jetzt aber schon mental darauf vorbereitet weiterzufahren. Und bei der Menge der Leute war unklar, ob wir einen eigenen Platz bekommen hätten oder ob wir mit bei ihnen im Zimmer geschlafen hätten. Genauso wenig war klar, ob sie eine freundliche Ablehnung beim Essen verstanden hätten. Ob die Zutaten frisch genug und die Zubereitung hygienisch genug für uns gewesen wäre, bezweifelten wir in dieser abgelegenen Gegend. Das gehörte nun mal leider zu den Vorsichtsmaßnahmen in dieser und anderen Regionen.
Im langen Schatten der Berge erreichten wir das Homestay. Doch es war niemand anzutreffen. Nik war total fertig. Weiter konnten wir definitiv nicht fahren. In dem Wohnhaus hingen Gardinen und vor dem einen Fenster war ein großer Stapel Matten oder Decken zu erkennen. Es war an sich also bewohnt. Die Tür war verschlossen. Im anliegenden Verschlag war die Tür mit Draht zugebunden. Gegenüber stand ein zweites Wohngebäude. Die hintere Tür war aus den Angeln gehoben und lag auf dem Boden. Ein kleiner Flur, gefolgt von zwei mit Brettern ausgelegten Wohnräumen mit Fenstern zum Berg, also nach hinten weg. Etwas Müll lag herum. Im ersten Raum schauten am wenigsten Nägel aus dem Boden, perfekt für unser Zelt. Der zweite Raum wurde unser Esszimmer. Die Räder passten gerade so durch die Eingangstür und blieben im Flur stehen. Die Holztür lehnten wir von außen quer über den Eingang, um Hunde und andere, größere Tiere davon abzuhalten, unseren Rädern und uns näherzukommen. Die Tür zum Zeltzimmer konnten wir von innen verriegeln, die zum Esszimmer wurde nur geschlossen. Mit Stirnlampen in den Stühlen sitzend verzehrten wir unser Brot. Nik aß es trocken. Verena nahm sich eine Dose Buckellachs, die Nik seit Duschanbe mit sich trug, aber nicht essen würde. Es wurde so schnell so kalt, dass wir das dreckige Geschirr im Raum stehen ließen. Nur die Dose musste unbedingt raus und weiter weg. Der Wind war im Haus zu hören. Es war mehr als eine Erleichterung, nicht draußen zelten zu müssen. Wir machten noch Witze über das Haus und eventuelle Geister. Eigentlich wollten wir noch eine Folge unserer damaligen Lieblingsserie schauen, aber es gab so viel Geräusche, dass wir die ganze Zeit mit Lauschen beschäftigt waren. Irgendwann hörten wir schließlich Menschen. Da wir in ein privates Haus eingedrungen waren, wollten wir nicht warten, bis sie uns zufällig entdeckten. Sei es noch in der Nacht oder erst am nächsten Tag. In der eisigen Dunkelheit stehend waren allerdings weder ein Fahrzeug noch Menschen oder Licht zu sehen. Wir klopften erneut am Wohnhaus. Niemand drinnen. Da hatten wir uns wohl verhört. Zurück im Zelt lauschten wir weiter. Ein Nagetier war im Zimmer. Zur Sicherheit holten wir das Brot aus der Apside ins Innenzelt. Irgendwann begann das Nagetier zu rufen, um direkt wieder zu verschwinden. Es war noch früh am Abend, als wir schließlich einschliefen.