Tourwoche

Tag 332 (08.05.2023)

  38 °C

Es hieß alles gut festbinden. Es sollte nichts verloren gehen und möglichst wenig beschädigt werden.

Dann hieß es Abschied nehmen von den netten Mitarbeitern.

Nach etwa vier Stunden Fahrt war die Silouette von Riad am Horizont zu erkennen. Wir kamen ihr näher und näher und die Aufregung stieg.

© OpenStreetMap

Von Buraida nach Riad

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Route als GPX-Datei

Wir konnten tatsächlich die Taxifahrt angehen. Was vorfuhr war nur leider kein Hilux Pickup, sondern ein geschlossener SUV. Die Räder mussten liegend auf das Dach geschnürrt werden. Als wir uns verabschiedeten war der Chef nicht mehr auffindbar, aber ein Selfie mit den netten Mitarbeitern war noch drin.
Sanddünen, Kamele, Schafe, Ziegen, Büsche und einzelne Bäume rasten an uns vorbei. Wir waren traurig. Es fühlte sich falsch an. Denn wir saßen dabei nicht auf unseren Rädern. Aber wir wollten bei den Temperaturen diese Strecke nicht mehr radeln. Das war ein Eingeständnis, aber so war es halt.
An einer Moschee legte der Fahrer eine Pause ein. Er brachte uns Tee und Kuchen mit, während wir versuchten bei den Rädern den einen oder anderen Lackschutz ergänzend reinzuquetschen.
Die perfekte Straße, die weite Landschaft und der gute Wagen ließen die 120 km/h langsamer wirken. Nach etwa vier Stunden Fahrt kündigte sich Riad mit seinen Wolkenkratzern am Horizont an. Die Straße wurde zehnspurig. Und trotzdem staute es sich. Es ging stellenweise nur sehr langsam voran. Und auch hier gab es die typischen Drängler (und unser Fahrer war auch gut dabei ...). Wir bestaunten moderne und auffällige Gebäude. Es gab sogar eine Weltkugel und das Saudi German Hospital, das allerdings nichts mit Deutschland zu tun hat.
Unser Ziel in Riad war der Ishbilia Compound, in dem Bruno und Geraldine mit ihren Kindern leben. Ein Compound ist eine gated community, also ein umzäuntes oder ummauertes und bewachtes Wohnviertel, in dem ausländische Arbeiter (sogenannte Expats) leben und von dort aus in die entsprechenden Firmen fahren. Es gibt diese Compounds in Ländern, in denen das Leben für die ausländische Mitarbeiter zu gefährlich sein kann. Diese Anlagen haben dann meist viele Annehmlichkeiten, die die Menschen von zu Hause gewohnt sind und oft herrschen dort auch andere (meist leichtere) Regeln als in dem Land selbst.
Wir waren dem Compound so nah, und doch brauchten wir durch den zähen Verkehr noch 40 Minuten bis zu ihm. In der Straße davor erhoben sich riesige Fahrbahnschwellen. Und über die fuhren wir mit ordentlich Speed, so dass es auf dem Autodach nur so schepperte. Unser Fahrer hatte vergessen, dass er hochwertige und empfindliche Ware geladen hatte. Es war ihm sichtbar unangenehm und er entschuldigte sich. Die Schwellen sind mehrfach höher als in Deutschland. Das müssen sie aber auch sein, bei den vielen SUVs. Die würden dort sonst ungebremste durchbrettern und von den Schwellen nichts spüren. Die Straße verlief allerdings parallel zum Compound mit dem Haupteingang. Der war scharf bewacht. Zwar saß niemand in den Wehrtürmen an den Ecken der etwa fünf Meter hohen Mauer, die den gesamten Compound umfasste. Doch der Haupteingang war mit einigem Sicherheitspersonal und massiven Rolltoren gut bewacht. Eine Verkehrsberuhigung durch üble Fahrbahnschwellen war da nur eine weitere Sicherheitsmaßnahme.
Geraldine erwartete uns am Eingang. Sie musste uns bereits Tage vorher bei dem Sicherheitspersonal ankündigen. Von dem wurden wir zu unserer bisherigen Leistung sogar beglückwünscht. Der Taxifahrer durfte uns zum Glück bis zum Haus bringen, weil einer der Sicherheitskräfte ihn begleitete. Der war ja nicht angemeldet und durfte nicht einfach mal reinfahren. Die Diskussion dazu dauerte allerdings einige Minuten.
Als wir ausluden kam Geraldines Mann Bruno gerade von der Arbeit. Wir bekamen jeder ein eigenes Zimmer, weil die Matratze für das Doppelbett erst am Folgetag eintreffen sollte. Da wir unsere eigenen Matzratzen bei hatten und allen den späteren Umzugsstress ersparen wollten, durften wir in das Arbeitszimmer ziehen. Dort gab es eine Klappcouch (mit eben zu kleiner Matratze) mit eigenem Bad.
Geraldine und Bruno führten uns zum Zentrum des Compounds. Vorbei an gleich aussehenden Häusern durch gleich aussehende Straßen. Das Zentrum war umgeben von Sportplätzen für Tennis, Basketball und einem riesigen Rasenplatz für Fußball und andere Ballsportarten. Das Zentrum war ein einstöckiges Gebäude, in dem weitere Sporträume eingerichtet waren, wie für Squash, Yoga und Tanz. Dazu waren Dienstleistungen wie Friseur, Nagelpflege, Änderungsschneiderei und Reinigung verfügbar. Neben einem Raumausstatter, einem kleinen Supermarkt, einem größeren Restaurant und Cafe gab es noch einen kleinen Schokoladenladen versteckt an einem Ende des Gebäudes. Auf dem Weg ans andere Ende ging es vorbei an einem Billard-, Kicker- und einem Airhockeytisch bis zum gut ausgestatteten Fitnessstudio. Dahinter führte eine Tür raus zum Swimmingpool. Wahnsinn! Und wir durften alles mitnutzen. 🤯
Zurück im Haus begrüßten wir die zwei Kinder. Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile, während einige am fortgeschrittenen 5000er Puzzle zugangen waren.

Tag 333 (09.05.2023)

  39 °C

Ein gut getarnter Halsbandsittich (Psittacula krameri)

Ein riesiger Pool, eine tolle Abwechslung, aber irgendwie auch ein komisches Gefühl. So viel Luxus, nach unserem doch eher spärlichen momentanen Lebensstil. 😳

Eine Runde Sport bei über 30 °C

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Es wirkte alles so seltsam surreal, aber es war auch angenehm im Pool zu baden. Abends spielte Nik dann ein wenig Basketball mit dem Sohn. Die Hitze und die ungewohnte Sportart zollten allerdings ihren Tribut. Er war ganz schön platt. Abends fuhr uns Bruno in zwei nahegelegene Fahrradläden auf der Suche nach Fahrradkartons für unseren Flug. Die hatten nur gerade keine übrig.

Tag 334 (10.05.2023)

  40 °C

Andere Kulturen, andere Leitzeichen 😊 Manchmal ist es für uns eindeutig, manchmal müssen wir doch etwas länger überlegen, was sie bedeuten könnten.

Es gab einiges zu streicheln für Verena. 😁

Im Compound gab es sogar ein Burger King und eine Pizzeria.

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Geraldine packte uns in ein Taxi, um zu Decathlon zu fahren. Eine Kiste konnte sie dort reservieren lassen. Bruno brachte sie abends zum Haus, während wir mit Geraldine auf einem Reiterhof der Tochter beim Reitunterricht zuschauen durften. Er kam später dazu. Auf der Rückfahrt hatte Nik ordentlich mit den frechen Äußerung der Tochter zu tun, ließ sich aber nicht die Butter vom Brot nehmen. 😆

Tag 335 (11.05.2023)

  39 °C

Er ist so fürsorglich 🥰

Ein winziger Ausflug mit den Radels. 😊

Warten am gut gesicherten Eingang vom Compound. Drinnen natürlich. 😅

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Zu dritt ging es mit den Rädern raus zu einem größeren Supermarkt um die Ecke. Nachmittags schafften wir es die Tochter mit zum Pool zu bekommen. Beim Rumalbern mit ihr im Pool wurde es nur leider etwas zu heftig. Ihr Fuß stieß etwas zu kräftig gegen einen Finger von Verena, so dass es knackte. 😳
Er schmerzte nicht, aber schwoll langsam an. Bestimmt nur wieder eine Verstauchung. Nik ging los und holte Eiswürfel zum Kühlen. Das war es erstmal mit dem Baden. 🙄 Zur Sicherheit banden wir den Finger mit dem Nachbarfinger mittels Heftplaster zusammen (Buddy Taping).

Tag 336 (12.05.2023)

  41 °C

Bruno probierte gerne alle möglichen Obst- und Gemüsesorten. Da konnte Verena nicht widerstehen und naschte gerne bei jeder Frucht ein Stück mit.

Siegerehrung und dann ab in die Sommerpause.

Wir spielten bei weniger Hitze, aber nicht weniger hitzig. 😉

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Ab dem frühen Samstagmorgen veranstalteten die irischen Expats aus den verschiedenen Compounds in Riad Turniere in diversen irischen Ballsportarten auf dem Rasenplatz. Es waren die letzten Turniere vor der Sommerpause. Zuersten spielten die Kleinsten, als die Temperaturen noch angenehm war. Im Laufe des Vormittags wurden die Spielergruppen älter und die Temperatur stieg auf über 40 °C. 🥵
Da wir ausschlafen wollten, es dort nur wenig Schatten gab und wir nicht viel Sonne abbekommen wollten, schauten wir uns nur die letzte Stunde an. Und waren massiv beeindruckt von den Leistungen. Es war viel zu warm für die Iren, aber sie gaben alles. Die verschiedenen Sportarten konnten wir uns leider nicht merken, bis auf das irische Fußballspiel. Es war spannend zuzuschauen, auch wenn wir keine einzige Regel kannten. Die Runden gingen über 10 oder 15 Minuten, damit die Spieler schnell wieder in den Schatten gehen und was trinken konnten.
Unter den Spielenden und Zuschauenden waren auch einige Krankenschwestern. Geraldine sprach sie auf Verenas Verletzung an. Da sie den Finger trotz Schwellung noch ein wenig aber gut bewegen konnte, das auch noch größtenteils schmerzfrei, kein Knochen oder Gelenk verschoben oder verrenkt schien, reichte das Buddy Taping und weitere Kühlung, so oft es eben möglich war.
Zwei der Spieler waren enger mit unseren Gastgebern befreundet und wurden zum Essen eingeladen. Ihre Lebensgeschichten und Zukunftsideen waren spannend. Nach dem Essen spielten einige mit der Tochter Karten. Sie wurde als berüchtigte Schummlerin geoutet. Und sie hatte spezielle Regeln, die nur für sie galten und auch unvorsehbar geändert werden konnten im Laufe eines Spieles. Das sind genau die richtigen Gegner für Verena. 😈
Abends bekamen wir die Möglichkeit, uns bei unseren Gastgebern mal ein wenig zu revanchieren und passten auf die Kids auf. Die irische Botschaft veranstaltete nämlich einen Empfang und Geraldine musste da als Irin natürlich hin. Oder war es vielleicht diese eine kleine Besonderheit des Abends: Uns wurde erklärt, dass alle sechs Monate ein Schiffscontainer (zumindest für die irische Botschaft, aber bei den anderen Botschaften kann das natürlich auch gut sein) ankommt, der quasi als Diplomatenpost nicht kontrolliert wird. Und da ist dann der eigentlich in Saudi-Arabien streng verbotene Alkohol drin. Dieser Abend ist dann also die vermutlich einzige Gelegenheit mal etwas alkoholisches zu trinken. Ganz klar ein Highlight, wenn man sonst darauf verzichten muss.
Verena glänzte beim Tischfußball mit einem überrangenden Talent an Nicht-Können. 🫣 Die anderen drei zerlegten den Tisch regelrecht. Beim Billard waren alle gleichstark und gleichschlecht.
Wir waren uns doch unsicher wegen des Fingers. Im saudischen Visum ist eine Krankenversicherung enthalten. Und wir waren in einer Stadt mit mehreren Krankenhäusern, die finanziell besser gestellt waren, als in unserem nächsten Zielland Kasachstan. Also fuhr Geraldine mit uns in das nächstgelegene Krankenhaus. Bei der Anmeldung wurde uns erklärt, dass dies ein privates Krankenhaus sei und wir dort nicht versichert wären. Wir sollten zu einem staatlichen. Zurück im Haus wurde erstmal recherchiert, bei welcher Gesellschaft wir denn überhaupt versichert waren... Gar nicht so einfach.

Tag 337 (13.05.2023)

  43 °C

Im Saudi-Arabien wurde anscheinend auch ordentlich geradelt. 😳

Kaffee und Kuchen vor der Al Masmak Festung.

Bruno konnte uns so einiges über Teppiche beibringen.

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Bruno arbeitete als Expat (Expatriat) für eine international agierende Firma für ein paar Jahre in Riad. Das erste Jahr war er alleine, dann konnte seine Familie nachkommen. Für die meisten Kinder ist so eine krasse Umstellung sicher extrem schwierig und unverständlich. Dafür haben sie später mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch ihre unschätzbaren Erfahrungen. Und Respekt an die Eltern, die sich und ihren Kindern sowas zutrauen und das auch gut umgesetzt bekommen. Sie haben nicht weniger Probleme im Vergleich zu Familien, die durchgehend in ihrer vertrauten Umgebung aufwachsen. Sie haben teilweise einfach nur andere Probleme. Und Pubertiere sind sowieso nirgendwo problemlos händelbar (Ausnahmen bestätigen die Regel). 😘
Jedenfalls hatte er jeden Sonntag und jeden zweiten Samstag frei. Die Kinder hatten freitags und samstags keine Schule. Sie hatten für die Wochenendaktivitäten dadurch nur ein kleines Zeitfenster, wenn sie mit ihren Freunden aus der Heimat zocken oder videotelefonieren wollten. Und Geraldine konnte nicht arbeiten. Sie lebten mittels eines Familien-Visums bei Bruno. Wenn Geraldine arbeiten gehen würde, dann wäre das nicht mehr gültig, sie bräuchte ein eigenes Arbeitsvisum und alles rund um die Kinder und das Wohnhaus würde richtig kompliziert werden.
Es war Sonntag und zu viert machten wir uns auf zu weiteren Fahrradläden. In einem mussten sie noch zwei Räder auspacken, dann durften wir die Kisten später oder am Folgetag abholen. Yeah!
Es ging weiter in die Altstadt. Vor der Al Masmak Festung wartete ein junger Herr mit einem Falken auf eine Touristengruppe. Er sprach uns an. Nik durfte tatsächlich einen Falken halten und war beeindruckt. Verena kam mit dem verbundenen Finger leider nicht in den Handschuh. Es folgte ein Spaziergang durch die benachbarten Marktgassen des Souq al Zel, vorbei an der historischen Safat-Uhr und ein lehrreicher Aufenthalt in einem Teppichgeschäft. 😊
Auf der Rückfahrt ging es um ein noch im Bau befindliches Arbeits- und Wohnviertel herum. Ein komplettes Viertel, einfach so! Wir sahen dank der Beiden ein bisschen was von der Stadt. Es reichte uns auch vollkommen sie vom fahrenden Auto aus zu betrachten. Flanieren wollte wir dort nicht und an den meisten Stellen war das auch gar nicht ohne weiteres möglich, denn Gehwege waren oft Mangelware.

Tag 338 (14.05.2023)

  37 °C

Einkaufen in einem riesigen, saudischen Supermarkt. Na da bekommt ihr doch alle direkt Appetit oder? 🤪

Vielleicht lieber Fisch?

Nachtisch nicht vergessen!

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Die Häuser im Compound sind alle identisch gebaut. Einige sind in zwei unterschiedlich große Wohneinheiten unterteilt. Wer alleine oder zu zweit dort wohnt, bekommt eine kleine Wohneinheit. Bei wenigen Kindern gibt es ein größeres Stück Haus mit Garten. Große Familien benötigen ein ganzes Haus.
Nik hatte immer noch so seine Probleme, seinen Kopf um die Situation zu bekommen. Wir waren gerade in einem mit einer fünf Meter hohen Mauer und Wachschutz geschützten Areal. Klingt, als ob man das braucht oder? Gleichzeitig waren wir noch kurz zuvor rund 1000 km durch Saudi-Arabien geradelt, haben teilweise direkt neben der Straße gezeltet und das einzige was passiert ist war, dass immer wieder Menschen angehalten haben, um zu fragen, ob alles ok ist oder uns direkt Wasser oder Snacks zu schenken. Das passte so gar nicht zusammen.
Aber die Erklärung sah man auch schon an den Wachtürmen, denn die waren gar nicht mehr besetzt. Noch vor wenigen Jahren war es für westliche Arbeiter wirklich zu gefährlich und von den saudischen Regeln her wahrscheinlich gar nicht möglich "normal" in Saudi-Arabien zu wohnen und deshalb gibt es diese Compounds. Der Ishbilia Compound, in dem wir jetzt waren, wurde vor Jahren auch mal von Islamisten angegriffen.
Seit der Öffnung des Landes hat sich die Situation inzwischen aber so verändert, dass es die Compounds eigentlich nicht mehr braucht. Man kann sich auch so als Westler eine Wohnung suchen und ganz normal leben. Trotzdem bieten die Compounds den Westlern einige Vorteile. Zum einen die leichteren Regeln (hier zum Beispiel gar keine besonderen Kleidungsvorschriften und Geschlechtertrennung) und zum anderen die Annehmlichkeiten der Infrastruktur (Supermerkt, Frisör, Pool, Freizeiteinrichtungen, ...) direkt um die Ecke und in von uns gewohnter Qualität.
Trotz der Erklärung blieb es für Nik etwas schräg ...

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