Tourwoche

Tag 94 (12.09.2022)

  28 °C

Danke an Aleksandra und Julio für ihr schönes Plätzchen, das Cyclo Camp Vinograd

Sigi auf Tour mit dem Fahrrad von Polen nach Jerusalem. Wir wünschen ihm alles Gute für seine abenteuerliche Reise!

Abbiegen nach links und rechts kann jeder. In Belgrad biegt man eben nach unten ab und nimmt dazu den Fahrradaufzug auf der Brücke. 😄

© OpenStreetMap

Von Slankamenacki Vinograd nach Belgrad

60,2 Kilometer
196 Minuten
190 Höhenmeter
Route als GPX-Datei

Vormittags kamen wir wieder mit Aleksandra ins Gespräch. Sie gab uns noch eine kleine Broschüre mit Übernachtungsmöglichkeiten am Eurovelo 6 entlang mit. Das könnte hilfreich werden. Zum Abschied durften wir sogar noch etwas Obst mitnehmen und wir machten noch ein gemeinsames Foto. Vielen Dank für den schönen Aufenthalt!
Die Route führte an lauter Apfelplantagen vorbei. Immer wieder sahen wir kleine Traktoren, die mehrere kleine Kistenwagen hinter sich herzogen. Auf der Straße konnten wir einem von ihnen entspannt hinterherfahren. Als es wieder leicht abschüssig wurde überholten wir ihn zügig.
Ein paar Meter neben der Route und etwa eine Stunde vom Ziel in Belgrad entfernt gab es einen Campingplatz. Wir wollten dort unsere Pause einlegen und das WLAN nutzen, um unserem privatem Gastgeber in Belgrad unsere baldige Ankunft anzukündigen. Leider war niemand an der Rezeption. Aber Nik konnte das WLAN Passwort sehen. Wir packten also unsere Stühle aus und setzten uns VOR dem Camp an den Straßenrand. Die Straße war sehr breit und ab vom Schuss, dort störten wir niemanden. Ein einzelner Radreisender kam angefahren und fragte uns, ob das Camp geschlossen sei. Er war von unserer Aktion wohl etwas irritiert. Irgendwann öffnete sich ein Fenster von der Rezeption zur Straße hin. Sie war nun wieder besetzt und ein Herr fragte uns, ob alles ok ist, ob wir irgendwas brauchten. Wir waren aber schon wieder kurz vor dem Zusammenpacken.
Auf den letzten Kilometern hielten wir immer Mal wieder an, um die Navigation zu überprüfen. Plötzlich stand Sigi neben uns. Was für eine Persönlichkeit! Er pilgerte mit seinem eBike von Sianow in Polen über Lübeck, Chemnitz, Erlangen, Wien, Bratislava, Budapest, Belgrad, Skopje und Athen nach Jerusalem. Das war auf der Rückseite seiner Warnweste anschaulich aufgedruckt. Daneben befanden sich zwei Pilgerstempel. Er hatte kein Pilgerbuch und einige Pilgerstätten bestanden darauf dann wenigstens seine Weste zu stempeln. Er erzählte, dass er in seinem Alter keine Zeit mehr habe, um langsam zu fahren. Das muss zügig gehen und deshalb legte er auch immer rund 100 km am Tag zurück. Seine Geschichten waren spannend und lustig, er hatte schon so viel erlebt. Besonders spannend waren seine Übernachtungen: Oft schlief er in Kirchen bzw. Gemeindehäusern. So auch letzte Nacht und die Leute vor Ort hatten ihm auch schon eine Schlafgelegenheit in einer Gemeinde nördlich von Belgrad organisiert. So kann man es auch machen! :-D
Novi Beograd (der Teil Belgrads östlich des Flusses Save, der nach Norden in die Donau fließt) war sehr hügelig und unsere Route führte durch kleine Straßen mit kleinen Häusern, dafür dicht an dicht gebaut. An der Promenade und dem anschließenden Park war der Bereich für Radfahrer, Fußgänger und Läufer wieder herrlich ausgebaut (bis auf die Stelle, die gerade gebaut wurde, da standen wir kurz vor dem Problem überhaupt irgendwie an der Baustelle vorbeizukommen...). Das machte Laune.
Auf der Branko-Brücke aus den 1950er Jahren überquerten wir den Fluß Save und gelangten ins Zentrum von Belgrad. Bereits auf der Brücke erhob sich Belgrad vor uns mit vielen Hochbauten, Beton und Stahl. Das war ein Anblick. Noch vor dem Ende der Brücke, aber bereits auf der anderen Seite der Save, zeigte unser Radweg-Schild plötzlich nach links. Nik war erstmal sehr irritiert und fast ein bisschen verärgert, was das denn schon wieder für eine Radwegführung sein soll. Wir stellten dann aber schnell fest, dass es auf einen Fahrstuhl für Fahrräder zeigte. Zuerst fuhr Nik runter. Wir passten nicht gleichzeitig rein. Oben wartete Verena auf den Fahrstuhl. Es stiegen so einige Personen aus. Nik erzählte dann, dass die Leute sich schon reingequetscht hätten, bevor er auch nur das Vorderrad draußen hatte. Ist ja wie in Berlin. 😉
Belgrad war laut, voller Leute, vielen Autos und Bussen, einigen Straßenbahnen, teilweise engen Gehwegen, nicht ganz nachvollziehbaren Radwegen, einigen Parks und wilden Hunden. Die Busse fahren mit Oberleitungen. An einem Knotenpunkt der Busse standen wir einige Minuten und bestaunten das System. Zwei Busse hatten hintereinander eine der zwei Verbindungen zu den Oberleitungen verloren. Die Busfahrer mussten sie deshalb mit halb angezogenen Schutzhandschuhen wieder verbinden. Das ging zügig. Es sah aber auch so aus, als wenn sie das öfters machen müssen. Ein Radweg verschwand im Nichts und tauchte genauso plötzlich wieder auf. Wir fanden dann heraus, dass der Radweg der Trampelpfad in der Grünfläche des Parks war, den wir umfahren hatten. Logisch!
Wir erreichten das Haus in dem Martin wohnt. Martin war der Kollege einer Schulfreundin von Verenas Schwester. Klingt kompliziert? Ist es aber eigentlich gar nicht. Die Freundin lebte in Belgrad und deshalb hat Verenas Schwester sie kontaktiert. Sie hatte aber gerade Covid und damit konnte sie uns leider nicht beherbergen. Sie fragte aber in einer Chatgruppe, ob jemand anderes Interesse hätte. Martin, der auch selbst schon öfter mit dem Rad unterwegs war, sagte sofort zu. Voll genial! Seine Wohnung lag sehr zentral im Viertel Vracar. Über den Lautsprecher seiner Klingel hörten wir Martins Stimme zum ersten Mal. Wir sollten mit dem Fahrstuhl in den sechsten Stock fahren. Wir baten um ein paar Minuten, da wir die Räder erst noch abladen mussten. Wir bekamen sie so nicht ins Haus. Martin kam darauf hin runter und Nik gelang es doch noch, sein komplett beladenes Rad bis in den Fahrstuhl zu manövrieren. Als sich etwas später für Verena im sechsten Stock die Fahrstuhltür öffnete, war bei Nik schon fast alles abgeladen. Wir standen mitten im Hausflur und beeilten uns mit dem Abladen und Hochtragen aller Sachen inkl. der Radels in den siebten und letzten Stock. Wir waren schnell genug, um niemanden zu behindern.
So großzügig Martin war, so groß war auch seine Wohnung. Wir konnten uns im Gästezimmer einrichten und hatten ein eigenes Bad. An das Gästezimmer war ein Wintergarten angeschlossen, der nach Nordwesten zeigte. Dort konnten wir die Farben des Sonnenunterganges genießen. Wir waren zwar später angekommen als gedacht, hatten aber noch genug Zeit um die ersten Stunden mit Martin ins Gespräch zu kommen und einen schönen Abend mit netten Gesprächen und leckerem Essen zu haben.

Tag 95 (13.09.2022)

  24 °C

Ein Stück Skyline von Belgrad.

Der Sonnenuntergang vom Wintergarten aus.

Martin ist bekannt für sein Risotto. Es war vorzüglich!

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Heute war nicht so viel los, denn Niklas Programmierprojekt hatte seinen großen Tag und deshalb musste er auf Abruf bereitstehen, falls, trotz ausgiebigen Testens, irgendwas nicht funktioniert. Er wartete vergebens. Nutzte die Zeit aber, um an einem anderen Projekt zu arbeiten. Außerdem wurde an der Webseite und dem Tagebuch gearbeitet. Abends, als Martin von der Arbeit wieder zu Hause war, haben wir zusammen gekocht. Also hauptsächlich Martin, denn er ist berühmt für sein Risotto und das wollten wir natürlich probieren. Es war fabelhaft. 🤤
Wir haben noch eine Weile übers Reisen, Serbien, unsere Leben, dies und das gequatscht. So richtig zum Kosovo sind wir aber gar nicht gekommen. 😉 Einen großen Lacher gab es, als Martin von der Anfrage, ob uns jemand bei sich übernachten lassen würde, erzählte. Er meinte nämlich: "Klar! Aber nur, wenn es keine Nazis sind!" 😄 Sind wir anscheinend nicht, denn wir haben uns super verstanden. Und ehrlich gesagt: Wir hatten ja ganz ähnliche Bedenken: "Was, wenn Martin ein Nazi, Messi, Kettensägenmörder ist???". Aber wie gesagt, die Bedenken waren von beiden Seiten aus total unbegründet und wir hatten eine tolle Zeit!

Tag 96 (14.09.2022)

  24 °C

Im Dom vom heiligen Sava. Klotzen, nicht kleckern!

Blick auf die Festung von Belgrad mit Dinopark und Spielplatz

Auf Empfehlung ging wir in ein Restaurant um die Ecke und aßen Cevapi. Lecker!

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Nik war beim Friseur, während Verena auf einem Marktplatz nach Schafsocken suchte. Wir hatten uns für eine Stunde später an der Ecke des Markts verabredet, trafen uns allerdings schon eine halbe Stunde später irgendwo auf dem Markt, denn mit 10 Minuten waren Niks Haare noch nie so schnell geschnitten. 😄 Danach ging es zum Sightseeing durch die Stadt. Am Dom des heiligen Sava wurde noch gearbeitet - innen und außen. Ein sehr imposantes Bauwerk! Die Planungsphase begann bereits 1904 und wie bereits geschrieben, sie ist bis heute nicht fertig. Nach dem Dom haben wir die alte Festung Belgrads besucht. Um und in den Ruinen der Festung waren Tennisplätze, Basketballplätze, eine kleine Freilichtbühne, ein Spielplatz mit Dinopark und kleine Bars verteilt. Für deutsche Augen sehr untypisch, aber irgendwie auch sinnvoll. Wieso den Festungsgraben nicht einfach mitnutzen? Eine junge Frau hatte ihr Haustier auf dem Arm. Eine Schleiereule, die man gegen eine Spende hätte streicheln können. Am kuriosesten fanden wir aber die Panzer, Raketenwerfer und Kanonen zwischen den Mauern der Festung. Über eine nicht mehr ganz sichere Steintreppe an einer der Mauern hoch, war in einem Nebengebäude nämlich ein Militärmuseum untergebracht. Wir schlenderten weiter durch die Stadt, pausierten in Parks und beobachteten das Treiben.
Abends folgten wir der Empfehlung von Martin und gingen in ein Restaurant in dem es Cevapi gab. Sehr lecker!

Tag 97 (15.09.2022)

  35 °C

Martin hatte keine Ahnung, wen er sich da eingeladen hatte. Aber wir verstanden uns gut und bleiben in Kontakt. Vielen herzlichen Dank für deine Gastfreundschaft! 😊

Achtung! Dornen auf dem Weg voraus, die nächsten 2 km. Zu ihrer eigenen Sicherheit wechseln sie die Straßenseite. 😳

Das Schild kam für uns leider zu spät. Verena bekam einen Platten. Nur einen? Lest selbst... 😩

© OpenStreetMap

Von Belgrad nach Starcevo

35,5 Kilometer
160 Minuten
80 Höhenmeter
Route als GPX-Datei

Morgens half uns Martin die ganzen Taschen, Beutel und Räder nach unten in den Innenhof zu bringen. Wir verabschiedeten uns und fingen an die Räder zu beladen. Martin, dir noch einmal einen ganz herzlichen Dank! Wir haben uns super über deine Gastfreundschaft gefreut und uns bei dir sehr wohl gefühlt! Man sieht sich immer zweimal im Leben und wir freuen uns drauf!
Unser erstes Ziel war Decathlon. Wir hatten inzwischen wieder eine lange Einkaufliste. Zuerst ging Verena, dann Nik shoppen. Wer draußen wartete, hatte Zeit zum Frühstücken. Als Nik raus kam fing es an zu tröpfeln. Wir schoben die Räder unter ein langes Vordach vor ein Lebensmittelgeschäft. Wenn wir schon darauf warten, dass wir ohne Regenkleidung weiterfahren können, dann wird die Zeit auch weiter genutzt. Also gingen wir direkt noch Lebensmittel einkaufen.
Die Strecke war herausfordernd. Es hieß auch zweimal offenen Gullis ausweichen, denn die Gullideckel fehlten oder ihre Überreste lagen direkt im Gulli (bei Komoot hat ein Nutzer den Abschnitt sogar als lebensgefährlich markiert...). Dann stoppten wir an einem kleinen Schild. Es wurde vor Dornen gewarnt. Wir folgten der Anweisung und wechselten die Straßenseite. Nach ein paar Metern hielten wir kurz. Als es weitergehen sollte, wackelte Verenas Hinterrad irgendwie so komisch. Oh nein, ein Platten. Oh nein, ein riesiger Dorn. Das Fahrrad wurde abgeladen, das Hinterrad ausgebaut und der Schlauch geflickt. In dem Fahrradmantel steckten so einige Dornen. Wir würden die anderen Reifen auch mal begutachten müssen. Bevor wir das Hinterrad wieder einbauten, wurde es aufgepumpt und kurz liegen gelassen, falls es weiterhin Luft verliert. Beim Warten rief Nik dann nur rüber, dass wir das Gleiche bei seinem Vorderrad auch machen dürfen. Er verlor ebenfalls Luft. Au weia!
Insgesamt haben wir über zehn Dornen aus unseren Fahrradmänteln gezogen und gepult. Geflickt wurden insgesamt drei Schläuche. Ein Schlauch verlor weiterhin zu schnell Luft und wurde gegen einen neuen Schlauch ausgetauscht. Den kaputten würden wir später flicken, denn langsam ging die Sonne unter.
Wir fuhren an einer Raffinerie vorbei. Ihre Beleuchtung und eine Fackel tauchten die stählernen Bauten im restlichen Tageslicht in eine interessante Atmosphäre. Wilde Hunde lenkten unsere Aufmerksamkeit aber schnell wieder auf den Weg. Im nächsten Dorf gingen wir Lebensmittel einkaufen. Wir wussten nicht, wie weit wir noch kommen würden. Der nächste Campinpglatz ist noch 22 km entfernt und vielleicht müssten wir wildcampen. Nach dem Einkauf war auch das letzte Tageslicht verschwunden. Ein paar Meter weiter hielten wir zwischen drei Apotheken und einem Grill an. Dort gab es freies WiFi. Aleksandra half uns Kontakt zu den zwei nächstgelegenen Campingmöglichkeiten aufzunehmen. Beim näher liegenden war leider niemand. Es war sowas wie ein Wochenendhaus und unter der Woche musste man früh genug anfragen, damit sie sich auf die Gäste vorbereiten konnten. Dort konnten wir also nicht hin. Bei dem anderen könnten wir einfach hinfahren, er war offen. Wir wollten versuchen, die 22 km bis dahin in der Dunkelheit zu schaffen.
Kurz hinter der Ortschaft hielten wir an einem Rastplatz an. Ein Welpe begrüßte uns mit wedelndem Schwanz und kurzem Gebell. Nik lief den Rastplatz ab. In einer unserer digitalen Karten war er als freier Campingplatz ausgewiesen. Es gab ein Plumpsklo und einen überdachten und windgeschützten Sitzbereich mit großem Tisch. Verena wollte hier campen. Nik war sich nicht sicher. Wir gingen den Bereich noch einmal ab, immer in Begleitung von dem Welpen, und besprachen die Vor- und Nachteile. Am Ende entschieden wir uns dort zu bleiben. Denn es war stockfinster, wir hatten schon einen langen Tag hinter uns und der nächste richtige Campingplatz war noch immer ca. 20 km entfernt.
Neben dem überdachten Sitzbereich war eine große Ecke frei. Sie war groß genug für unserer Zelt und durch die hohe Umzäunung auch sehr gut sichtgeschützt. Daneben passten sogar noch unsere Räder. Nik positionierte sie so, dass die Reifen bei den vorbeifahrenden Autos nicht reflektierten. Wir aßen sehr trockenes Weißbrot mit Käsescheiben. Bei allem wurden wir aufmerksam vom Welpen beobachtet. Verena hatte ihre erste Katzenwäsche und verabschiedete sich ins Zelt. Nik kam kurze Zeit später nach. Was die Nacht wohl bringen würde?

Tag 98 (16.09.2022)

  16 °C

Wir waren gut getarnt, am Tage und in der Nacht.

Regen-, Wind- und Sichtschutz in der perfekten Größe

Der Wachwelpe hat unser beider Herzen erobert. Wir denken noch oft an ihn und hoffen, dass es ihm gut geht.

© OpenStreetMap

Von Starcevo nach Kovin

47,5 Kilometer
230 Minuten
70 Höhenmeter
Route als GPX-Datei

Der Welpe schlief die ganze Zeit bei den Rädern. Immer wenn ein Hund oder ein anderes Tier sich näherte, dann bellte er, wie ein Wachhund. Nachts bzw. früh morgens hielten ganz kurz zwei Autos. Wir blieben aber ungestört. Gegen sieben Uhr klingelte der Wecker. Weil weiterhin alles ruhig um uns herum blieb, ließen wir uns Zeit zum Aufwachen. Als Nik aus dem Zelt kam, wurde er herzlich begrüßt. Wenn er mal etwas Abstand zum Zelt brauchte, lief der Hund die ganze Zeit schwanzwedelnd im Kreis um ihn herum und drehte sich dabei auch noch um die eigene Achse, hüpfte und freute sich. Herzallerliebst! Wir erkannten nun, dass der Welpe ein Männchen war. Wir haben es nicht geschafft ihm keinen Namen zu geben. Wenn wir über ihn sprachen nannten wir ihn Wachwelpe. Er wich Nik weiterhin nicht von der Seite. Beim Packen kam ein zweiter Hund dazu, ein bisschen größer als Wachwelpe und zerzauster. Als Welpe sah der Hund mit dem schwarzen gelockten Fell aber sicher auch niedlich aus. Wir ließen etwas Wasser dort und entgegen besseren Wissens auch das Brot vom Vorabend. Der Wachwelpe fraß ein Stück, ein zweites wurde direkt vergraben. Der Abschied fiel uns schwer. Dass uns der Welpe sehr lange hinterhergelaufen kam, machte es um so schwerer. Wir hätten ihn gerne mitgenommen. Nik ist eher Katzenfan, aber dieser Hund hatte unser beider Herzen erobert.
Im nächsten Dorf kauften wir frisches Brot und füllten das Trinkwasser an einem Brunnen auf. Die Route war anstrengend. Sie forderte so viel Konzentration, dass wir leider nur sehr wenig von der tollen Landschaft genießen konnten. Überall waren Tiere zu sehen. Wild waren nur die ganzen Wasservögel. Frei rum liefen aber Schafe, Ziegen, Esel und Kühe, teilweise in Begleitung von Schäfern und Herdenhunden. In Kovin (Kobin) versuchten wir Cevapi zu bekommen, leider ohne Erfolg. Stattdessen gab es Pizza auf einer Sitzbank vor einer Bankfiliale mit freiem WiFi. Niks Thunfischpizza war leider zum einen nicht durch, der Thunfisch war fein geschreddert und kalt. Kurz gesagt: Eklig! Wenigstens war die vegetarische Pizza für beide genießbar.
Es ging weiter. Wir erinnerten uns an eine Empfehlung der Vollzeitnomaden, die wir in Ungarn getroffen hatten, auf der Strecke. Leider hatten wir da aber schon kein WiFi mehr, um weitere Informationen zu bekommen. Als wir noch in der Stadt auf den Donaudamm abbogen, entdeckte Nik das Schild zum Cycling Guesthouse. Das klang nach der Empfehlung und lag auf unserer Route. Uns verfolgten breite Regenwolken. Vor ihnen wegzufahren war leider nicht möglich. Nach einigen Kilometern folgten wir den Schildern zum Cycling Guesthouse und bogen in eine Siedlung ab. Leider war niemand zu Hause, es hing aber ein Schild mit Telefonnummern aus, die man anrufen solle. Mit unseren Tarifen und eventuellen Sprachhindernissen wollten wir dort nicht anrufen. Also ging Verena zu den Nachbarn. Nachdem sie erst einmal eine der Damen so sehr erschreckte, dass diese laut aufschrie und zu Boden sank, kam man sich aber lachend entgegen und konnte auf Englisch kommunizieren. Sie riefen für uns jemanden im Ort an. Sie baten uns auch hinein, aber wir waren zu dreckig und rochen etwas, so dass wir dankend ablehnten. Ein älterer Herr kam nach wenigen Minuten vorbei. Er rief seine Tochter an, die die Unterkunft anscheinend verwaltete. Der Mann ging und ein anderer älterer Herr tauchte auf. Der schloss uns auf, zeigte alles und stieß mit uns mit seinem selbstgebranntem Rakija an. Im gesamten Haus und überall auf dem Hof waren nützliche und künstlerische, selbstgebaute Gegenstände aus Fahrradteilen zu entdecken. Das war spannend! Irgendwann schüttete es wie aus Eimern. Irgendwann versuchten wir dem Gastgeber zu erklären, dass wir nichts mehr trinken möchten, weil wir unter anderem auch noch was am Rad reparieren mussten (Fahrradschlauch + Dornen = Platten). Das war keine gute Idee. So hilfsbereit der gute Mann war, so schnell konnten wir gar nicht schauen, da fing er an sich der Sache anzunehmen. Ohne Diskussion! Bei den Flicken konnte Verena dann aber wieder übernehmen. Sie waren etwas anders, als das was er so kannte. Am Ende stießen wir auf die getane Arbeit nochmal mit Rakija an.

Tag 99 (17.09.2022)

  15 °C

Schnelles Frühstück auf dem Damm.

Es ging vorbei an Kuhherden. Wir hatten eine kleine Diskussion, weil Niklas meinte "Kühe sind nicht gefährlich." Verena widersprach, nur um kurz hinter dieser Kuh anzuhalten, so dass Nik direkt vor der Kuh zum stehen kam. Wollte Sie ihn etwa loswerden???

Mit der Fähre übersetzen ist immer wieder spannend und eine nette Abwechslung. Bei der Fähre war es auch spannend, als die Autos drauffuhren, denn die Latten waren lose und darunter war Wasser, so dass die Autos eine ziemliches Welle machten. :-D

© OpenStreetMap

Von Kovin nach Zatonje

45,1 Kilometer
209 Minuten
170 Höhenmeter
Route als GPX-Datei

Es regnete die ganze Nacht. Bei ungewohnten 16 °C ging es wieder auf den Sattel. Da wurde uns zügig wieder etwas wärmer. Die Straße der Siedlung war voller riesiger Pfützen und die Erde war überall schlammig und rutschig. Da hieß es vorsichtig fahren. Es ging für uns auf der asphaltierten Straße weiter, denn auf dem Damm vermuteten wir so einige zu matschige Stellen für uns. Später ging es aber nur noch auf dem Damm weiter. Inzwischen hatte es wieder zu nieseln angefangen. Einige Zeit später wurde aus dem Niesel leider Regen, der uns zum Anziehen der Regenjacken zwang. Die Jacken wurde immer wieder geschlossen und geöffnet, je nachdem, wieviel Regen gerade runterkam. Und dazwischen kreuzten wir die Wege von Kuhherden. Wir fuhren nur wenige Meter an den Tieren vorbei. Entweder schauten sie uns direkt an oder grasten in Ruhe weiter. Verena hielt leider vor einer Pfütze, wodurch Nik gezwungen war, direkt neben einer Kuh stehen zu bleiben. Hihi! Er fand es nicht lustig. Verena fand, dass die Kuh sehr entspannt aussah. Na gut, die Kuh hatte sich wenige Sekunden vorher erschreckt und einen kleinen Satz gemacht, aber sonst war sie echt entspannt. Die Hunde der Herde waren dagegen nicht so entspannt und hörten auch nicht gut auf ihren Besitzer, der in einiger Entfernung pfiff. Bei einer anderen Herde hörten die Hunde sofort und blieben weit genug von uns entfernt aber behielten uns im Auge. Insgesamt haben wir bisher die Erfahrung gemacht, dass Straßenhunde gar nicht so ein großes Problem sind, wie wir vorher dachten. Die schauen meist nur kurz und interessieren sich dann nicht weiter für einen. Schlimm sind Herdenhunde und Hunde, die von Grundstücken gerannt kommen. Dann sind sie im Verteidigungsmodus und es wird richtig bedrohlich...
Wir erreichten unser erstes Ziel des Tages: die Fähre von Banatska nach Ram. Fast zeitgleich trafen zwei Motorradreisende aus Tschechien ein. Nik musste erst einmal die Anlegestelle suchen. Dort, wo wir standen, wies ein Schild in eine andere Richtung. Aber Nik fand heraus, dass das Schild zur alten Anlegestelle gehörte. Wir standen also richtig. Es hieß nun zwei Stunden auf die nächste Fähre warten und wir stellten uns unter das Vordach eines verlassenen Gebäudes, die Räder immer in Blickweite. Durch die Regenkleidung waren unsere Klamotten darunter feucht. Es war nicht mehr besonders warm und windete. Wir versuchten in Bewegung zu bleiben, um nicht auszukühlen. Die Fähre war mit Holzlatten ausgelegt. Wenn die Autos dort langsam rüberfuhren spritze das braune Wasser einige Zentimeter zwischen den Latten hoch.
Zwischen Ram und Zatonje schüttete es wie aus Eimern. So heftigen Regen hatten wir bis dahin noch nicht abbekommen. Zum Glück hielt die wasserdichte Ausrüstung was sie versprach! Wir waren froh, dass so gut wie keine Autos fuhren. Auf dem Campingplatz am Silbersee war wieder niemand anzutreffen, es hing wie immer eine Telefonnummer aus. Die Nachbarn konnte Verena dieses mal nicht um Hilfe bitten, weil entweder niemand zu sehen war oder niemand Deutsch oder Englisch sprach. Wir versuchten es diesmal mit einer SMS. Küche, Dusche und Toilette waren unverschlossen. Wir hatten so einen großen Hunger und uns war kalt, deshalb fingen wir einfach an uns ein warmes Essen zuzubereiten und uns etwas aufzuwärmen. Nik zauberte Nudeln mit Tomaten, Frischkäse und Thunfisch. Als wir gerade am Essen waren ging die Tür der Küche auf. Ein Mann begrüßte uns ganz herzlich und sagte, wir sollen in Ruhe aufessen und klären dann alles später. Nach einem Begrüßungs-Rakija bezogen wir ein Zimmer, während es wieder schüttete und windete. Abends fuhr ein Van auf das Grundstück. Zwei Berliner suchten einen Stellplatz für die Nacht. Sie hatten ihre jährliche Konferenz in Belgrad und nehmen sich danach immer ein paar Tage Zeit für Urlaub in der Ferne. In diesem Jahr wollten sie durch Rumänien und dann im Bogen zurück nach Deutschland fahren. Sie hatten nur etwas Schwierigkeiten aus der Tiefgarage in Belgrad zu kommen. Es fanden drei Großveranstaltungen statt. Die Europride wurde eigentlich von der Polizei nicht genehmigt, fand aber trotzdem statt, genauso wie die Gegendemonstration, eine Militärparade und irgendwas von Red Bull. Sie mussten nur leider drei Stunden warten, bis sie rausgelassen wurden. Ihr eigentliches Ziel für den Tag haben sie deshalb nicht erreicht.
Könnt ihr euch daran erinnern, dass Nik sich in Belgrad die Haare hat schneiden lassen? An diesem Abend bekam Verena ihre Haare nicht mehr gekämmt. Sie bat Nik um sein winziges Taschenmesser mit Schere. Binnen weniger Minuten war der Filz raus und die Haare um einige Zentimeter kürzer. Sie waren aber noch lang genug um alle Haare in einen Zopf zu bekommen. Und das ist das Wichtigste!

Tag 100 (18.09.2022)

  18 °C

Im Camp Kalinovac in Zatonje waren wir bestens aufgehoben und konnten wieder spannende Bekanntschaften machen.

Blick über den Silbersee.

Langsam aber stetig verlor Niks Hinterrad Luft und musste täglich nachgepumpt werden. Jetzt war das Löchlein fällig! Außerdem haben wir die Gelegenheit auch gleich genutzt, um den Radels eine schöne Dusche zu verpassen.

Heute war Pause! Deswegen gibt es keine Routeninformationen! Aber der Rest ist ja auch schön!

Wir entschlossen uns einen Tag länger zu bleiben. Die Räder wurden gewaschen um sie für einen Check und Reparaturen vorzubereiten. Jede erreichbare Schraube wurde getestet, ob sie noch fest saß. Die Bremsen wurden besser eingestellt. Die Hartplastik-Schoner an den Gepäckträgern wurden zum Teil gegen Gartenschlauch ausgetauscht. Das Hinterrad musste bei Nik abgebaut und der Schlauch geflickt werden. Er verlor Luft, wenn auch nur sehr langsam. Aber jeden Morgen ein Bar nachzupumpen nervt halt auch. Die Löcher im Schlauch waren echt nicht leicht zu finden. Sie waren winzig und ließen nur sehr langsam Luftblasen im Waschbecken aufsteigen. Stand hier eben Löcher? Ja, es waren auch noch zwei von der Sorte. Bis dahin wusste Nik nicht, dass man sich derartige Löcher einfahren kann. Verena kannte sie bereits unter dem Namen "Schleicher". Damit war dann auch eine unserer zwei Packungen einer Flickensorte aufgebraucht. Wir haben aber noch andere bei. Am Ende bekam der Helm von Nik sogar noch eine Dusche mit dem Gartenschlauch. Die Polster waren inzwischen auch ordentlich versifft. Sonnencreme und Schweiß von mehr als 3 Monaten...

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